Die Dunkelkammer – Der Investigativ-Podcast

#28: Das Duell der Kurz-Dokus: Zwei Regisseure, zwei Interviews

Episode Summary

Im September kommt Sebastian Kurz gleich zweimal in die Kinos. Am 21. September startet die länger erwartete Dokumentation "Projekt Ballhausplatz" von Regisseur Kurt Langbein. Zwischenzeitlich sorgt eine weiteres Projekt für Kontroversen: "Kurz - der Film" von Sascha Köllnreitner (in dem ich auch ein paar Zeilen Text habe). Dieser zweite Streifen wurde kurzfristig angekündigt und startet bereits am 8. September. Zwei Kurz-Filme, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Ich habe beide Regisseure zu ihrem jeweiligen Film interviewt.

Episode Notes

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Über Folge #28

Im September kommt Sebastian Kurz gleich zweimal in die Kinos. Am 21. September startet die länger erwartete Dokumentation "Projekt Ballhausplatz" von Regisseur Kurt Langbein. Zwischenzeitlich sorgt eine weiteres Projekt für Kontroversen: "Kurz - der Film" von Sascha Köllnreitner (in dem auch ich ein paar Zeilen Text habe). Dieser zweite Streifen wurde kurzfristig angekündigt und startet bereits am 8. September. Zwei Kurz-Filme, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Ich habe beide Regisseure zu ihrem jeweiligen Film interviewt.

Episode Transcription

Intro: 00:00:09:19 - 00:04:22:15

Michael Nikbakhsh

Herzlich willkommen in der Dunkelkammer. Mein Name ist Michael Nikbakhsh. Ich bin freier Journalist und beschäftige mich mit mächtigen Menschen. Also genauer mit der dunklen Seite der Macht.

Das ist die 28. Ausgabe der Dunkelkammer und zugleich der Start der neuen Staffel. Wir lassen das mit der Nummerierung einfach weiterlaufen, wir fangen jetzt nicht wieder mit eins an, weil dem Grunde nach mache ich ja ohnehin keine in sich abgebundenen Staffeln. Themenschwerpunkt von Episode 28: Das Duell der Kurzfilme. Ich spreche mit den Regisseuren Sascha Köllnreitner und Kurt Langbein.

Beginnen möchte ich aber da, wo ich im August aufgehört habe: mit einer Bedankung. Nämlich einer Bedankung bei euch da draußen, die ihr die Dunkelkammer hörtet und hört. Die ersten 27 Folgen haben mittlerweile mehr als 195.000 Downloads und es ist wirklich faszinierend zu sehen, wie auch ältere Folgen noch nachgehört werden. Vielen Dank dafür. Ich hoffe, ihr hattet einen guten Sommer, konntet Kraft und Zuversicht tanken.

Die werden wir nämlich brauchen. Der Herbst verspricht schon einmal Kurzweil. Womit ich auch schon beim Thema wäre Sebastian Kurz. Er ist eigentlich weg und dann auch wieder nicht. Ab dem 18. Oktober muss Kurz sich vor einem Richter wegen falscher Beweisaussage verantworten. Zusammen mit der früheren stellvertretenden ÖVP-Bundesparteiobfrau Bettina Glatz-Kremsner und Kurz' früherem Kabinettschef Bernhard Bonelli. Am 21. September, also noch davor, erscheint der prononciert kurz kritische Kinofilm "Projekt Ballhausplatz" von Regisseur Kurt Langbein.

Dieser Film beschreibt im Kern das System Kurz. Der Film entstand größtenteils dank öffentlicher Mittel. Auch der ORF hat mitfinanziert, und dazu gab es bereits im Februar dieses Jahres Kontroversen. So erwähnte zum Beispiel die ÖVP schon damals linke Propaganda auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Vor wenigen Tagen taucht jetzt plötzlich ein zweiter Kinofilm auf, der nun aber als Erster erscheint.

Dieser zweite Film heißt schlicht "Kurz- Der Film" und dieser ist von Regisseur Sascha Köllnreitner. Der Film kommt schon am 8. September ins Kino. Er ist vieles, aber nicht kurz-kritisch. Da geht es auch nicht um das System Kurz. Es geht eigentlich nur um Kurz. Es ist ein privatfinanziertes Porträt, das zum überwiegenden Teil aus Sebastian Kurz selbst besteht.

Mit Köllnreitner waren Kurz und sein Team auch offenbar gerne bereit zu sprechen, mit Langbein dagegen nicht. Gerade um diesen zweiten Film gab es schon vor dem Start unmittelbar Kontroversen. Auch deshalb, weil einige der Interviewten in dem Film sich von Sascha Köllnreitner über den Tisch gezogen fühlen. Ja, und wie's halt so ist - einer der sich über den Tisch gezogen Fühlenden bin ich selbst.

Das habe ich Sascha Köllnreitner auch persönlich gesagt und er war dankenswerterweise bereit, zu mir in die Dunkelkammer zu kommen, um mit mir über seinen Film und die teils erstaunlichen Begleitumstände zu sprechen. Wenn wir schon von zwei Filmen über Sebastian Kurz reden, dann braucht es natürlich auch beide Regisseure. Und gleich im Anschluss an das Gespräch mit Sascha Köllnreitner rede ich mit dem Regisseur von "Projekt Ballhausplatz", Kurt Langbein. Viel Vergnügen.

Das Interview mit Regisseur Sascha Köllnreitner, / "Kurz – der Film"

00:04:22:17 - 00:04:38:02

Michael Nikbakhsh

Mir gegenüber sitzt Sascha Köllnreitner. Er ist Regisseur eines Films mit dem kurzen Titel "Kurz - Der Film", der heute Abend in Wien Premiere feiert und ab 8. September in den österreichischen Kinos läuft. Hallo Sascha, danke fürs Kommen.

00:04:38:04 - 00:04:40:06

Sascha Köllnreitner

Hallo, danke für die Einladung.

00:04:40:08 - 00:04:56:11

Michael Nikbakhsh

Das Interview ist für uns beide jetzt nicht ganz alltäglich, weil ich mich vor ein paar Tagen heftig bei dir telefonisch beschwert habe. Danke, dass du dich dem jetzt mal hier stellst. Bevor wir da hinkommen, schlage ich jetzt einfach mal vor, dass du dich meinen Hörerinnen und Hörern kurz vorstellst.

00:04:56:13 - 00:05:01:08

Sascha Köllnreitner

Also erst mal danke für die Einladung und es freut mich, dass wir darüber sprechen, weil es mir wirklich ein großes Anliegen ist, das wir das auch persönlich besprechen, so wie wir es am Telefon gemacht haben und jetzt auch hier - das ist mir sehr sehr wichtig.

Mein Name ist Sascha Köllnreitner. Ich komme ursprünglich aus Oberösterreich, lebe seit 19 Jahren in Wien. Ich bin nach dem Zivildienst nach Wien gezogen mit dem Ziel, zum Film zu gehen und mit dem Ziel, Regisseur zu werden. Das hat über die sogenannte Ochsentour funktioniert - Schnitt, Kamera, Assistenz etc. mehrere Jobs.

Ich habe dann angefangen, erste Regiejobs für Charity Projekte zu machen. Das ist dann immer größer geworden im Werbebereich. Ich habe auch schon als Cutter im Dokumentarfilmbereich gearbeitet und habe dann mit Dokumentarfilmen begonnen, das mich auf unterschiedlichste Reisen geführt hat, also von Extremsport über Kulinarikbereich, True Crime Formate etc. und zwischendurch immer wieder Werbung. Und so sind eigentlich meine letzten 12, 13 Jahre ganz gut vergangen und sehr interessant vergangen.

00:05:53:06 - 00:06:04:07

Michael Nikbakhsh

Und jetzt mit einem großen Knall, zur Überraschung vieler, ein politischer Film. "Kurz - Der Film" - erzähl doch mal was darüber.

00:06:04:09 - 00:06:56:14

Sascha Köllnreitner

Ja, also es ist interessant eigentlich, dass ich einen politischen Film mache, oder einen Film über eine politische Zeit und einen Politiker. Ich fand die Thematik wahnsinnig spannend, weil es natürlich jeden irgendwie betrifft und berührt. Und gerade die letzten Jahre waren ja mehr als turbulent. Und Sebastian Kurz als Reizfigur ist natürlich auch filmisch wahnsinnig interessant. Und das waren so die Gründe, warum ich gesagt habe ja, weg von anderen Themen - oder, gar nicht weg von anderen Themen - aber mich sozusagen dem Thema widmen zu wollen. Wissentlich, dass es wahnsinnig schwierig wird. Das es eine schwierige Gratwanderung wird. Das es ein Minenfeld werden wird. Aber ich empfand es als sehr, sehr große Herausforderung und ich glaube auch, es war auch im Vorfeld schon wissentlich, dass es wahrscheinlich einer der schwierigsten Filme ist, den man machen kann im Dokumentar Bereich. Das fand ich reizvoll, um ehrlich zu sein.

00:06:56:16 - 00:07:08:09

Michael Nikbakhsh

Bevor ich da jetzt über meine eigene Rolle in der Sache spreche: Gestern war Pressevorführung, wie hast du das erlebt und wie hast du insbesondere die Reaktionen erlebt?

00:07:08:11 - 00:08:26:10

Sascha Köllnreitner

Ah, schwierig, wenn man selbst in so einem Tunnel drinnen ist. Also die letzten Tage waren ja verständlicherweise sehr, sehr anstrengend und sehr, sehr aufreibend für mich. Pressevorführung war ja ein unglaublicher Andrang. Gerade auch der Holger vom Verleih hat gesagt, der seit 25 Jahren im Film ist, so was hat er noch nicht gesehen. Ich war, um ehrlich zu sein, auch ein bisschen im Tunnel, weil ich viele Interviews geben durfte in dem Fall. Also es ist ja immer interessant und schön, wenn es Aufmerksamkeit gibt. Aufgrund der vielen Interviews natürlich dann auch schon ein bisschen geplättet. Die Reaktionen waren,ich würde sagen, interessant gemischt. Ich habe mich aber gefreut, tatsächlich auch über den Film sprechen zu können und auch über die filmische Herangehensweise, weil dem stelle ich mich auch als Regisseur. Also wusste ich, dass es Kritikpunkte geben wird und das ist natürlich eine Diskussion, die man sich als Regisseur stellen muss. Gerade wenn es ein Reizthema ist wie Sebastian Kurz, dann gibt es da natürlich inhaltlich andere Ansichten und filmische Ansichten, wie man den Film hätte machen können, sollen, müssen, etc.. dem stelle ich mich. Das sind Diskussionen, die sind natürlich noch ein bisschen zu kurz gekommen, weil mit allem drum herum natürlich andere Themen, die Journalisten und Journalistinnen noch mehr interessiert haben als jetzt das wirkliche filmische Produkt.

00:08:26:12 - 00:09:41:15

Michael Nikbakhsh

Ich habe mir die Reaktionen auf die Pressevorführung angeschaut. Ich darf das Mal kursorisch zitieren die APA schreibt: "'Kurz - der Film', 89 Minuten durch die türkise Brille". Der STANDARD schreibt: "Der Beginn gab schon einmal die Stoßrichtung vor was im 87 minütigen Werk zu erwarten ist: Kurz, Kurz, Kurz". Die Presse schreibt: "Trotz manch kritische Stimmen hat der zweite Film über Exkanzler Kurz einen klaren ÖVP Überhang". Überraschend ist auch der Boulevard Oe24 zum Beispiel schreibt: "Kein einziger aktiver ÖVP-Politiker kommt vor. Dafür werden alte ÖVP Werbeclips und viele kurze Unterstützer gezeigt, aber nur wenige Kritiker". Ich lese weiter, Heute: "Inhaltlich oberflächlich. Themen wie Corona, Ibiza werden im Staccato durchgepeitscht", auch hier wird der Mangel an Kritikern moniert. Interessant auch der KURIER, der abermals bemängelt, dass zu wenig Kritiker zu Wort kommen. Dafür wird jenen Raum gegeben, die, Zitat: "Erfolg schafft Gefolgschaft" sagen, wie Köstinger. Es wird insgesamt in den Pressereaktionen auf den Film eine mangelnde Ausgewogenheit eingeworfen. Was sagst du dazu?

00:09:41:17 - 00:15:56:13

Sascha Köllnreitner

Schwierig. Einerseits tut es ein bisschen weh, andererseits muss ich das natürlich zur Kenntnis nehmen, dass es so gesehen wird. Es ist einfach so, dass natürlich jeder, gerade weil so viel im Vorfeld spekuliert wird und weil es ja auch ein Politikum ist, und ein großes politisches Minenfeld geöffnet wurde, erwartet natürlich jeder irgendwie eine andere Art und Weise von Film. Jeder für sich.

Und das ist die Art und Weise des Films, wie wir im Schnitt dann entschieden haben. Ich glaube, dass es so gut funktioniert, und das ist der Grund, warum es ein bisschen wehtut, wenn es jetzt sozusagen in die Richtung geht. Übrigens die Reaktionen sind zu einem guten Teil auch wirklich neu für mich, weil ich habe seit gestern nichts gelesen. Es sind jetzt unterschiedliche Punkte drinnen.

Einerseits viel Kurz. Ja absolut, das habe ich schon im Schnitt kommen sehen, dass das natürlich ein Kritikpunkt ist, weil sich auch gezeigt hat und auch dramaturgisch gezeigt hat, es funktioniert als Film für mich und im Schnitt dramaturgisch interessanter, wenn es mehr in Richtung Porträt geht als politische Abhandlung. Also wie ich auch gestern gesagt hatte, ich bin kein Freund von Erklärstücken und ich fand es interessant und es hat sich wirklich im Schnitt gezeigt.

Der Schnitt ist lange Zeit sozusagen auch auf einem Scheideweg gestanden. Ist es ist es mehr eine Abhandlung? Ist es mehr Einordnung? Ist es wirklich Parität? Man hat ein Thema, man ordnet das Thema wieder ein. Man hat Kritikstimmen. Wir haben sämtliche Kapitel mit viel längerer Laufzeit natürlich, und da haben wir aber gesehen, dass es dann tatsächlich - und das klingt jetzt vielleicht blöd - dramaturgischer, bisschen langweiliger wird, also ganz offen und ehrlich. Der Film war wirklich lange am Scheideweg und ich habe mit meinen Dramaturgen auch darüber gesprochen. Ich habe extra auch Dramaturgen aus Deutschland ins Boot geholt, gleich von Beginn an, weil ich wollte, dass es filmisch funktioniert und denen vertraue ich. Die sind sehr gut in dem, was sie machen, um eine Einordnung zu haben, ohne jetzt große politische Vormeinung, weil die kommen aus Norddeutschland und die wissen natürlich über über die Causa ungefähr Bescheid und über den Sebastian ungefähr Bescheid, haben sich dann aber erst eingelesen und mir war es wichtig, dass es sozusagen eine dramaturgische Einordnung gibt. Wie wir dann die Entscheidung getroffen haben, es ist filmisch unseres Erachtens interessanter und wirkungsvoller wenn es mehr in Richtung Porträt geht, wusste ich, dass das natürlich Kritikpunkte nach sich ziehen wird. Dass man da natürlich auch in einen Kosmos eintaucht, ist auch verständlich. Dass dadurch sozusagen, wie es tituliert wird, mehr Türkis und mehr Kurz vorkommt, und sei's in der Zeit und auch von der Stimmung, wenn man dann öfter den Blickwinkel annimmt, von der Erzählung, die wir durchführen, das liegt auch in der Natur der Sache.

Das ist das eine. Jetzt habe ich den zweiten Punkt vergessen...die kritischen Stimmen. Ist ja auch gestern beim Pressescreening des Öfteren gekommen. Ja das ist ein Kritikpunkte über den Film, da stelle ich mich auch dem. Ich bin aber der Meinung, dass sich eben die Kritikpunkte und die Einordnung der Kritikpunkte nicht unbedingt an der Anzahl und Länge ausmachen lassen oder bewerten lassen, weil eben wie gesagt ein fifty-fifty Verhältnis zum Beispiel dramaturgisch nicht so funktioniert hätte.

Was mir aber auch wichtig ist zu sagen ist: es gibt auch Kritikpunkte, die nicht ausgesprochen werden. Ich tue mir jetzt wahnsinnig schwer, darüber zu sprechen, weil ich nicht den ganzen Film erklären will, weil er erst am Freitag oder Samstag ins Kino kommt und ich nicht alles im Film vorweg verraten will. Also bitte um Verständnis, dass es für mich so wahnsinnig schwierig ist, über das filmische Produkt zu sprechen.

Aber als Vorbilder zum Beispiel dramaturgisch haben vielen Dokumentarfilmen gedient, die ich mir natürlich angesehen habe, über diverse Politiker und Politikerinnen, die alle in unterschiedliche Richtungen gehen. Auch "fiktionale Filme und Serien" über echte Menschen und Charaktere, zum Beispiel die Geschichte über den Spotify Gründer, ich glaube es heißt "The Playlist". Das ist glaube ich auf Netflix, eine fünfteilige Serie. Das war eine Herangehensweise, die wir auch durchgesprochen hatten, weil die Polarisierung immer ein großes Thema war, war mal meine Idee, warum erzählen wir den Film nicht fifty-fifty aus zwei Perspektiven? "The Playlist" erzählt die Geschichte glaube ich aus vier oder fünf Perspektiven. Wir haben dann entschieden: das funktioniert nicht, weil wir sehr begrenzt Material zur Verfügung haben und sich dann sozusagen das Archivmaterial totläuft.

Und das funktioniert einfach visuell und filmisch nicht. Und würde man sagen, es "drehen", so wie der Ibiza-Fall verfilmt worden ist, dann wäre das - und ich will da niemandem was ins in den Mund oder oder in die Produktionswege leiten, weil das wäre natürlich auch spannend zu machen - dann wäre das eine Herangehensweise. Für den Dokumentarfilm hat es nicht funktioniert. Lange Rede, kurzer Sinn. Es sind auch viele Punkte und Begebenheiten drinnen und auch Kritikpunkte, die vorkommen, die aber nicht dezidiert erklärt werden, wo sich niemand hinsetzt und sagt: Schaut, das ist da und da... und das ist auch der Grund, warum Sebastian Kurz und andere auch viel zu Wort kommen, weil meines Empfindens nach sie auch Dinge sagen, die auch eine Geisteshaltung zeigen, zu denen sie auch stehen und auch Dinge und Anordnungen gezeigt werden, zu denen sie auch stehen.

Das beschreibt einen Kosmos und eine Geisteshaltung und meines Erachtens auch offenbarende Dinge, die man so vielleicht wahrscheinlich noch nicht gehört hat. Und meinem Empfinden nach, dem auch Raum zu geben und das auch hinzustellen ist auch wenn man's so sehen will und man muss es auch sehen, ist auch ein Kritikpunkt. Und wie gesagt, ich bin kein Freund von Erklärstücken. Da ist immer die Frage, wie ordnet man sein Publikum ein? Aber wenn man genau hinsieht, dann finden sich da noch viele Dinge, die man auch als Kritikpunkte gelten lassen muss, meines Erachtens. Und nicht nur die Dinge, die tatsächlich gesagt werden und erklärt werden.

00:15:56:19 - 00:16:43:24

Michael Nikbakhsh

Dennoch, es ist wirklich viel Sebastian Kurz zu sehen, und zwar Sebastian Kurz, der über Sebastian Kurz spricht. Und eigentlich hört man Sebastian Kurz dabei zu, wie schwer es ist, Sebastian Kurz zu sein. Das wirkt teilweise wie ein innerer Monolog, der durchbrochen wird durch, mich auch zum Beispiel. Versuchen wir mal an den Anfang der Geschichte zu gehen... wann ist denn der Plan zu diesem Film und insbesondere auch die Bereitschaft von Kurz und Team - er taucht ja nicht alleine auf, es sind erstaunlicherweise auch Leute, die ich so überhaupt noch nie vor der Kamera gesehen habe. Also aus seinem früheren oder jetzigen Team Fleischmann, Frischmann, Steiner, das sind keine Menschen, die sonst das Licht der Öffentlichkeit suchen - Wie hat das begonnen?

00:16:44:01 - 00:18:48:08

Sascha Köllnreitner

Also begonnen hat es, wie schon öfter gesagt, tatsächlich im Frühsommer letzten Jahres. Michi Reisch und ich haben schon mehrere mehrere Projekte gemeinsam gemacht. Wir haben bei ein paar Bier darüber gesonnen, was können wir noch weitermachen? Und er meinte, während Corona ist ihm die Idee gekommen, man könnte einen Film machen, der so in das politische System, hineinsticht und hineinblickt.

Da habe ich gesagt ja, das ist grundsätzlich interessant. Und dann hat er gesagt naja, die interessanteste Figur und interessant, wie sich von beiden Seiten auch zu sehen bitte, ist natürlich Sebastian Kurz. Eine Reizfigur, ein Mysterium, ein Phänomen, wie auch immer man das titulieren möchte, ist natürlich filmisch wahnsinnig interessant. Und ich habe wirklich länger gezögert, weil es ein politischer Film ist. Weil es sozusagen filmisch bisher noch nicht mein Metier war.

Mich hat aber, wie gesagt, die Geschichte - um es jetzt ganz blöd zu sagen, weil ich erzähle es dann tatsächlich immer auch vom filmischen dramaturgischen Standpunkt - schon sehr interessiert hat. Und wir haben gesagt, es macht dann eigentlich nur Sinn, weil es gibt ja schon mehrere TV Dokus, unzählige Bücher etc., etwas zu machen, was dann ähnlich ist wie die TV Fokus die es schon gibt, wo man über Sebastian Kurz spricht, wo man Schnipsel hernimmt etc...das gibt es schon, das macht keinen Sinn für uns.

Also das wäre uninteressant gewesen. Dann haben wir gesagt: naja, interessant wäre es natürlich, wenn Sebastian Kurz auch vor der Kamera ist, wenn wir da sozusagen ihn befragen können und in weiterer Folge natürlich auch Mitglieder des Team Kurz. Es steht ja immer im Raum, man spricht über Sebastian Kurz und es heißt immer "Sebastian Kurz ist das Team, das Team ist Sebastian Kurz". Das ist ja auch immer so ein großes Fragezeichen. Da haben wir gesagt, es wäre natürlich wahnsinnig spannend und eigentlich essenziell, damit wir überhaupt den Film machen, dass er und Teile des Teams auch zur Verfügung stehen. Weil dann macht es sozusagen als Neuigkeitswert für einen Film und für uns als Produktion und als Regisseure, wenig Sinn da more of the same zu machen.

00:18:48:09 - 00:18:56:09

Michael Nikbakhsh

Wann wurde dann dieser Wunsch konkret herangetragen an Sebastian Kurz beziehungsweise an das Team?

00:18:56:11 - 00:20:06:15

Sascha Köllnreitner

Ich habe zuerst natürlich mal mir Gedanken gemacht, eine erste kleinere Recherche gemacht. Wie könnte man es aufziehen? Ein erstes kleineres Treatment geschrieben und gesagt, so könnte man es machen. Stoßrichtungen waren es noch nicht ganz, aber das sind Elemente, die wir brauchen, um so einen Film zu machen. Und so haben der Michi und ich das weiterentwickelt. Und dann haben wir gesagt okay, wir empfinden, dass wir jetzt so viel haben und eine Vorstellung davon haben, was wir brauchen, jetzt können wir mal versuchen, es weiterzutreiben. Das ist normalerweise im Film mal so ein Punkt, wo man dann sieht, wenn man in Recherche und in den Skripten daraufkommt, es funktioniert nicht, dann macht man weiter oder man lasst es sein. Der nächste Schritt ist, man fragt mal die betreffenden Personen an und das ist auch dann der nächste Schritt. Entweder man schreibt es weiter oder man lässt es sein.

In dem Fall, ich weiß nicht mehr genau, wann der erste Kontakt war, aber es war über einen längeren Zeitraum. Es hat dann auch wirklich lange gedauert...Wir haben uns zuerst mit Stefan Steiner getroffen, der uns mal abchecken wollte. Wer seid ihr und wie stellt ihr euch das vor? Und das war eher so ein Abchecken.

00:20:06:17 - 00:20:10:21

Michael Nikbakhsh

Das war auch so im Sommer '22?

00:20:10:23 - 00:21:21:20

Sascha Köllnreitner

Ja Ende des Sommer, das verschwimmt mittlerweile bisschen, aber ja sowas in dem Zeitraum. So ein, zwei Monate nachdem ich mir mal Gedanken machte, werden wir das weitergesponnen haben. Es hat dann eine Zeit lang gedauert und es war, glaube ich, große Skepsis - wie wollt ihr das angehen und in welche Richtung geht es? Und was seid ihr für Typen? Also es ist auch uns entgegengeschlagen. Ich weiß nicht mehr genau, wann es war. Es war dann glaube ich, Spätsommer, Herbst, da fand dann ein erstes kurzes Treffen mit Sebastian Kurz selbst statt. Da sind wir dann im Büro gesessen und es war mal so ein erstes Kennenlernen, einfach mal zu schauen, okay, wer sind wir überhaupt und wie wir uns vorstellen und dann ab da auch da so das Empfinden gehabt, okay da wird jetzt erstmal geschaut, wer sind die überhaupt? Dann habe ich meinen Standpunkt dargelegt, wie ich mir das vorstellen kann, was so die Bausteine wären, um einen Film zu machen und einen interessanten Film zu machen und gleichzeitig auch darzulegen, was, wenn er vor die Kamera tritt oder sich setzt, was denn sozusagen Bedingungen meinerseits wären, damit es funktioniert.

00:21:21:22 - 00:21:41:07

Michael Nikbakhsh

Könntest du das bitte präzisieren, weil ziemlich zeitgleich mit dir hat, wie ich mittlerweile weiß, Kurt Langbein um Gespräche angefragt, in seinem Fall, war's im Dezember 2022. Bei ihm hat's nicht funktioniert und bei dir eben doch. Also, was hast du ihnen erzählt?

00:21:41:09 - 00:23:19:22

Sascha Köllnreitner

Ich habe ihnen gesagt - und das war das erste Gespräch - ich habe ihnen gesagt, ich würde gerne, dass Sie für einen Dokumentarfilm sich Rede und Antwort stellen und vor die Kamera setzen. Und da war zuerst so ja können wir mal drüber reden. Dann habe ich gesagt, klipp und klar, es wird, ich habe das damals gesagt, um das klarzustellen, es wird kein Fanboy-Film werden. Also wir machen da jetzt nicht irgendetwas, das jetzt super ist oder in Richtung Fanboy-Film geht. Es wird die kritischen Punkte geben. Wir werden uns über die kritischen Punkte unterhalten und vielleicht sogar streiten, weil ich auch klar gemacht habe, es gibt sehr, sehr viele Meinungsverschiedenheiten, die wir haben in den Ansichten und das soll und wird auch Thema sein.

Dann meinte er kurz, ja, mit Kritik kann er umgehen, solange sie fair vorgetragen wird und solange sie dann auch fair verwertet wird. Also seine Angst war, dass eben, da kommen jetzt die aus der Medienbubble und verdrehen ihm vielleicht das Wort im Mund oder machen es dann extrem tendenziös, das war seine große Angst also gegen ihn. Und ich habe gesagt nein, das ist natürlich schwierig zum Bewerkstelligen, aber ich empfinde es auch als Filmemacher für interessanter, wenn ungleich auch natürlich schwieriger, aber interessanter, sich den ganzen eben "objektiv" zu nähern. Also ganz objektiv kann man ja nie sein. Und dann habe ich gesagt, ja, wir werden kein Wort im Munde verdrehen oder irgendwelche Dinge dann wahnsinnig lächerlich darstellen, nur aus dem ganzen Zusammenhang, also das ist sicher die große Angst des Sebastian Kurz.

00:23:19:24 - 00:23:32:14

Michael Nikbakhsh

Das ist jetzt witzig, dass Kurz diese Angst hatte, weil der Vorwurf lastet ja jetzt von der anderen Seite, auf der nämlich von den Protagonisten, die quasi als Kritikerinnen und Kritiker gecastet wurden, aber dazu kommen wir noch...

00:23:32:16 - 00:24:17:09

Sascha Köllnreitner

Bei diesem Gespräch aber hat er gesagt, es damit ist es nicht getan, weil damit muss man bei Politikern und Politikern immer rechnen, dass sie glauben, okay, das ist jetzt, man setzt sich eine halbe Stunde oder eine Stunde hin und damit ist es getan. Und ich habe gesagt, das ist auch nicht Ansatz unseres Films, weil es gibt viele Themen, es gibt viele Punkte, die es zu besprechen gibt. Man will ja auch einen Blick hinter die Maske im Idealfall werfen, aber es ist nicht mit einem Interview getan, und es ist nicht mit Interviews von einer Stunde getan. Und es wird mehrere Interviews geben. In welchem Ausmaß, haben wir damals noch nicht gewusst und auch noch nicht entschieden und auch noch nicht deklarieren können. Aber das war auch Teil der ganzen Geschichte, dass wir gesagt haben, es muss mehrere Interviews geben, es muss mehrere Termine geben, sonst macht es für uns auch keinen Sinn, weil dann kann ich mir gleich die ZIB-Interviews zusammenschnipseln und seine Aussagen dann zusammenrücken.

00:24:17:11 - 00:24:24:10

Michael Nikbakhsh

Spätestens ab Dezember wusste das Team Kurz, dass es Recherchen von Kurt Langbein gibt, war das ein Thema bei euren Gesprächen?

00:24:24:12 - 00:24:44:17

Sascha Köllnreitner

Nein, also wir haben definitiv vor Dezember gesprochen, das kann ich ganz genau sagen, weil es da bei mir privat sehr große Umbrüche gab. Wir haben uns definitiv vorher getroffen und da war auch schon relativ klar, dass das funktionieren könnte. Also da hat das schon in die Richtung tendiert, dass man sagt okay, ja, das könnte eigentlich funktionieren wenn man das angeht.

00:24:44:19 - 00:24:49:22

Michael Nikbakhsh

Gab es Auflagen, gleich welcher Art, von Kurz oder Team?

00:24:49:24 - 00:25:03:16

Sascha Köllnreitner

Die einzige Auflage, die es gibt, ist, dass man ihm nicht das Wort im Munde verdreht und dass man sich den Themengebieten nicht so tendenziös nähert, dass er von Anfang an deppert dasteht.

00:25:03:18 - 00:27:31:17

Michael Nikbakhsh

Lass uns mal über den Inhalt des Films reden und Dinge, die mir aufgefallen sind und ich zieh jetzt das weiter, was Kolleginnen und Kollegen bei Zeitungen bei mir jetzt schon an Kritik geübt haben, nämlich die Riege der Protagonisten und Protagonistinnen. Mir geht es jetzt aber gar nicht so sehr um die Namen an sich, sondern das, was die unter anderem sagen.

Und da hat es mich teilweise ein bisschen geschüttelt im Kinosaal. Da ist ein Michael Spindelegger zum Beispiel der faktisch unwidersprochen die Arbeit der Staatsanwälte, die gegen Kurz ermitteln als politisch motiviert darstellen darf. Das bleibt irgendwie so im Raum hängen. Wolfgang Schüssel soweit ich mich erinnere, darf Projekt Ballhausplatz, also der Putsch gegen Mitterlehner, das Projekt Ballhausplatz, als eine Art Verschwörungstheorie beschreiben und Leute lieben halt Verschwörungstheorien.

Und soweit ich mich erinnere, ist es auch Schüssel, der eigentlich den gesamten Chat-Kosmos als Geschichte abtut, dem die Privatsphäre fehlt. Also eine Reihe von, insbesondere den ehemaligen ÖVP-Giganten dürfen all das, was ich eigentlich seit Jahren mach, nämlich versuchen Missständen nachzustellen und diese zu beschreiben, als Verschwörungstheorie, als Privatsphäre, als "eigentlich eh nix" abtun.

Ich sage in dem Film zu all dem nichts zum Beispiel. Ich sage zu anderen Dingen etwas. Es fällt auch auf, dass die Demontage von Reinhold Mitterlehner eigentlich nur vorbeifliegt, so wie auch die Pandemie in dem Film vorbeifliegt. Wie Ibiza vorbeifliegt. Die politischen und strafrechtlich relevanten Vorwürfe in dem Umfeld, also Postenschacher, Anzeigen, Korruption, manipulierte Umfragen, auch das fliegt nur so vorbei.

Es ist teilweise, fliegt's in Schlagzeilen vorbei und in letzter Konsequenz tut Kurz das ab mit "Ja, es stimmt ja eh alles nicht". Das muss dir ja bewusst gewesen sein, weil dir ja wohl auch bewusst gewesen ist, dass er dazu nichts sagen wird. Also das Falschaussage-Verfahren zum Beispiel... das kommt, soweit ich weiß, mit überhaupt keinem Wort vor. Jetzt für die Zuseherinnen, die das nicht wissen, denen wird es nicht abgehen. Aber die, die es wissen, denen fehlt es dann eben doch. Und es fehlt jetzt im Film jeder Hinweis darauf, dass dich das zum Beispiel vielleicht interessiert hätte. Es kommt halt einfach kaum vor.

00:27:31:19 - 00:29:08:18

Sascha Köllnreitner

Ja, das sind jetzt viele Punkte auf einmal. Ich will konkret dazu was sagen, weil jedes Ding für sich spricht. Erstens oder einerseits, eines der großen Themen, die ich immer gesehen habe, war die Polarisierung. Und gerade Aussagen, die sozusagen der einen Seite gefallen, der anderen nicht. Und Aussagen von der anderen Seite, die der einen Seite gefallen und nicht, war immer Teil des Konzepts.

Das war immer Teil des Konzepts und das macht auch diese, noch mal despektierlich gesagt, Geschichte, dramaturgische Geschichte sehr interessant, wenngleich auch wahnsinnig schwierig und auch in der Rezeption schwierig in dem Sinn. Dass Aussagen vorkommen, wie zum Beispiel Wolfgang Schüssel, der sagt, die Menschen lieben Verschwörungstheorien, ist ein Sukkubus aus einem Gespräch und es ist immer der Fall. Wir haben lange Gespräche geführt, es gibt Dutzende Aussagen von vielen, vielen Seiten, wo es schade ist, dass sie nicht drinnen sind. Es gibt ganze Themenkomplexe, wo es schade ist, dass die nicht drinnen sind. Dazu sei gesagt, dass jeder Themenkomplex für sich, und wir haben Schnittvarianten, wo jeder Themenkomplex größer ist und andere Themenkomplexe drinnen sind, dass jeder für sich einen Film wert wäre. Also es ist einfach so viel drin, dass jeder für sich einen Film wert wäre. Und wir haben uns dann darauf konzentriert, wirklich als eines der Hauptthemen die Polarisierung auch im Film wirken zu lassen. Und da kommen nunmal, und dazu kann man jetzt stehen wie man will, ich muss mich dafür rechtfertigen und dazu stehe ich auch, da kommen auch Aussagen vor, die einem schmecken oder die einem nicht schmecken.

00:29:08:20 - 00:29:13:02

Michael Nikbakhsh

Aber entschuldige, ganz ehrlich, das Projekt Ballhausplatz ist keine Verschwörungstheorie.

00:29:13:04 - 00:32:59:11

Sascha Köllnreitner

Nein, absolut, das will ich auch  sagen. Das ist ja auch nicht meine persönliche Meinung, dass das eine Verschwörungstheorie ist. Auf keinen Fall. Aber die eine Seite tut das immer ab als Verschwörungstheorie. Und genauso in den Gesprächen mit Sebastian Kurz, wenn jetzt Ermittlungen angesprochen werden, wenn Posten-Korruption angesprochen wird, dazu wird einfach nichts gesagt. Das ist auch die Linie, die jetzt schon seit längerem gefahren wird an Aussagen.

Da brauch ich nicht mehr rausbekommen. Und um ehrlich zu sein, das habe ich mir auch nicht erwartet von den Interviews, dass man hier einen anderen Einblick bekommt oder dass irgendetwas gesagt wird, was von dem abweicht, was vorher gesagt wurde. Also das wäre ich wahnsinnig naiv zu glauben, dass da was was wirklich Neues gekommen wäre. Und deswegen gibt es auch in Themenfeldern mal mehr, mal weniger Aussagen von diversen Personen, weil auch im Interview, um ehrlich zu sein, nicht etwas wahnsinnig Spannendes rausgekommen ist.

Und es ist dann hier im Fokus des Films zu sehen. Wenn jetzt zum Beispiel jemand bei dem Thema jetzt nichts sagt oder Sebastian Kurz da keine Stellungnahme zu dem Thema hat, dann hat es den Grund, weil's die gleiche Linie war, die wir jetzt kennen seit eineinhalb, zwei Jahren oder länger. Und dass polarisierende Aussagen drinnen sind, die man aber und da weiß ich auch darauf hin wirklich auch, bitte sehr zweischneidig sehen muss, weil's eine Wertehaltung zeigt. Grad Andreas Khol hat auch einige Zitate und auch Schüssel und auch Spindelegger, die ich ja unkommentiert stehen lasse, die nicht eingeordnet werden von anderen, die einem jetzt erklären, wie das zu sehen ist. Meines Erachtens zeigt es aber eine Sicht auf die Dinge, die ich persönlich als höflich formuliert interessant finde. Und ja, es ist im Kontext der ganzen Dinge, die die letzten Tage herumgeschwirrt sind, natürlich schwierig und es beeinflusst den Film und es beeinflusst, wie der Film gesehen wird.

Mir wäre es jetzt auch lieber gewesen, Aufmerksamkeit ist super, aber mit allem was herumgeschwirrt ist an Konvoluten hätte die Hälfte auch gereicht. Und es beeinflusst natürlich, wie Menschen den Film sehen. Und ich kann immer nur sagen, der Ansatz war es, dramaturgisch mehr wie einen Spielfilm zu machen. Dass man einen Kosmos zeigt und dass man Figuren zeigt, bitte verzeiht den Ausdruck, dramaturgisch sind's dann Figuren.

Und da werden auch Dinge gesagt, die vielen nicht schmecken. Aber es zeigt etwas. Es zeigt einen Kosmos auch noch mal wieder, ich tu mir wahnsinnig schwer über den Film zu reden, weil er noch nicht draußen ist und nicht den ganzen Film jetzt durchexerzieren will, aber es kommen auch Einstellungen, es gibt Close ups von Dingen, es gibt Kommentare, wo auch Sebastian Kurz über Dinge spricht, in welchem Umfeld er sich bewegt.

Bilder, die wir gemacht haben aus seinem Büro. Da kommen Dinge vor, die zeigen, wo er sich bewegt, wie er sich bewegt. Aussagen, die er gesagt hat, wozu er auch vollkommen steht und es sein gutes Recht, dazu zu stehen. Aber ich will das auch nicht als jetzt Pro abgetan haben, weil es mir fern liegt. Ich will nicht, dass man sagt, nur weil die Aussage drinnen ist und weil Schüssel drinnen ist, weil Spindelegger das und das sagt, ist es meine Meinung und ich gebe es rein, damit es mehr Pro-Tendenz hat weil jetzt wägen grad alle ab.

Wie viel pro Anteil, wie viel Contra Anteil? Für mich ist es ein Film, der als Film funktionieren muss und da bewegen wir uns in einem Kosmos. Und da sagen Leute etwas, was nicht schön ist. Je nachdem aus welcher Seite man es sehen will. Und es wird viel gezeigt und ich bitte wirklich alle und das Publikum auch genau drauf zu schauen, weil es werden viele Dinge gezeigt und werden auch eingeordnet.

Auch Chats werden eingeordnet. Es setzt sich nur niemand hin, zeigt mit dem Finger drauf und erklärt es dann auch.

00:32:59:13 - 00:34:23:14

Michael Nikbakhsh

Mit ein Grund für die Kontroversen im Vorfeld der Premiere war der Umstand, dass einzelne Leute, die in dem Film vorkommen, sich über den Tisch gezogen fühlen. Einer sitzt dir gegenüber. Ich darf das jetzt eigentlich in einem Satz zusammenfassen. Es ist ja schon viel gesagt worden. Die Abgeordnete Krisper, Christian Kern, der Journalist Michael Nikbakhsh, Matthias Strolz...die sind, sagen sie alle, mit der Annahme in die Interviews gegangen, sie reden da über ein politisches System also das System Kurz... und in weiterer Folge stellen sie fest, das ist kein Film über das System Kurz - es ist ein Porträt über den Ex-Politiker und Unternehmer Sebastian Kurz. Und wir sagen halt alle unabhängig voneinander: Okay, das war jetzt nicht die Erwartung, die wir an dieses Produkt hatten, und zwar ganz und gar nicht.

Fairerweise muss ich sagen, dass ich das Gespräch mit dir als sehr interessant empfunden habe. Es war sehr professionell. Also ich habe jetzt journalistisch habe ich mich und das, was wir zwei miteinander gemacht haben, habe ich jetzt keinerlei Beanstandungen. Die Beanstandungen traten erst ein, als ich, und andere eben auch, den Trailer gesehen haben. Als wir die Presseaussendung dazu gelesen haben, da handelt's von einer einzigartigen Reise durch das Leben eines einzigartigen Politikers. Also das war nicht das, was wir besprochen hatten.

00:34:23:16 - 00:38:03:10

Sascha Köllnreitner

Ah ja, und das tut mir weh. Und ich habe es mit allen Betroffenen auch versucht, am Telefon zu besprechen. Weil's mir persönlich wahnsinnig wichtig ist, weil ich dich und alle anderen auch wahnsinnig schätze und es mir wirklich wichtig ist, dass die wissen, wie es gemeint ist. Das mal Vorweg, auch da wieder mehrere Punkte: Wir haben über das politische System Kurz gesprochen, mit allen Betreffenden, über das politische System Kurz gesprochen, wir haben über Sebastian Kurz gesprochen.

Ich finde auch, dass der Film schon auch das politische System Kurz beschreibt, wahrscheinlich nur auf eine andere Art und Weise, dass sich, wie sich das viele vorgestellt haben. Ich will jetzt auch nicht despektierlich klingen, aber in Österreich oder für österreichische Dokus und ich liebe viele österreichische Dokus, aber die Sehgewohnheiten sind vielleicht andere und wir haben auf den internationalen Markt geschielt, was auch Dramaturgie betrifft, was auch die Erzählweise betrifft.

Vielleicht ist das ein Baustein, warum es anders gesehen wird, was die Herangehensweise betrifft, was ein Produkt betrifft. Was denn Porträt-Charakter betrifft, wie ich vorher schon gesagt habe, der Film stand lange am Scheideweg...geht es mehr in Richtung Porträt? Geht es mehr in Richtung Abhandlung? Wir haben uns mehr dann aus dramaturgischer und aus Sicht eines Films, der auch wie wir gesagt haben, auch durchziehen muss, der unterhaltsam sein soll, weil wir das auch nicht nur in Österreich zeigen wollen, sondern auch der Vertriebsweg ein weiterer sein soll und sein muss.

Sind das die Gründe, warum wir uns entschieden haben, es mehr in Richtung Porträt zu schneiden. Eine Dokumentation entsteht immer im Schnitt. Man kann viel planen, aber man ist dann mit vielen Aussagen konfrontiert und mit vielen Bildern und Vorstellungen. Und im Endeffekt entscheidet sich dann im Schnitt, und da sind es manchmal Nuancen, manchmal Vertauschung in Form von Kapiteln und schon hat es einen anderen Drall.

Wie gesagt, die Vorwürfe tun mir persönlich wirklich sehr weh. Ich versuche es auszuräumen. Ich finde nicht, dass wir 'was anderes gesprochen haben. Ich finde, dass der Eindruck entstanden ist und ich verstehe euch vollkommen. Du hast es mir am Telefon dargelegt. Damit habe ich nicht gerechnet, um ehrlich zu sein. Wenn ich damit gerechnet hätte, hätte ich wahrscheinlich genauer drauf geschaut, wie der Trailer sozusagen näher kommt, weil der Trailer spielt auch mit der Polarisierung, mit den zwei Seiten. Der Trailer ist für einen österreichischen Dokumentarfilm, ja, ungewöhnlich. Ja, wir wollten einen amerikanischen Trailer, der fett daherkommt, der Aufsehen erregt. Es ist ungewöhnlich, dass es in diese Richtung gedeutet wird. Ist schade, schmerzt mich ein bisschen, muss ich aber zur Kenntnis nehmen. Kann ich nicht mehr zurückrudern. Hätte ich wahrscheinlich anders gemacht.

Zum Pressetext kann ich wenig sagen. Es ist Verleihsprech'. Auch da: wenn ich mit den Vorwürfen gerechnet hätte, hätte ich zur Produktion und zum Verleih gesagt: Bitte schickt mir da Tage vorher den Pressetext. Ich lese drüber, ich schaue noch mal, dass es da sozusagen anders formuliert wird". Ich finde manche Formulierungen nicht glücklich. Ich glaube, es ist der Versuch, ihn halbwegs neutral zu formulieren, eine Beschreibung über einen Film.

00:38:03:12 - 00:38:41:14

Michael Nikbakhsh

Na ja, aber irgendwann habe ich auch den Film gesehen und ich will jetzt gar nicht über mich reden. Ich will über Matthias Strolz reden, der in beiden nämlich Filmen vorkommt. Er kommt auch im Langbein Film vor, den ich ebenfalls gesehen habe. Und was mir schon auffällt, ist, dass er in deinem Film sehr viel milder, um nicht zu sagen empathischer, gegenüber Sebastian Kurz ist, während er im Langbein Film viel, viel härter kritisiert.

Jetzt kann ich mir kaum vorstellen, dass er das bei dir nicht auch gemacht hat, weil warum sollte er da einen anderen Text haben als dort. Ist da im Schnitt was rausgefallen?

00:38:41:16 - 00:41:04:13

Sascha Köllnreitner

Im Schnitt ist natürlich viel rausgefallen vom Interview. Also wir haben uns, eben, ich glaube auch eineinhalb Stunden oder es war kürzer, mit Matthias Strolz eine knappe Stunde unterhalten. Natürlich ist da viel rausgefallen. Verwendet haben wir, was sind's, summa summarum vier Minuten? Das weiß ich nicht genau.

Auch das ist eine dramaturgische Entscheidung. Ich habe den Film vom Herrn Langbein nicht gesehen, bin gespannt drauf, ich freue mich darauf. Es ist eine Entscheidung, wie man die Kritik vorträgt. Und gerade, wie schon gesagt, ich beschreibe auch einen Kosmos. Und ich beschreibe das Thema Polarisierung. Und ich beschreibe eine Figur und einen Kosmos wie eine Figur Sebastian Kurz entstehen, passieren, wie auch immer man das benennen mag, konnte.

Wie vorhin gesagt, und deswegen habe ich das Beispiel genannt, viel mehr über Spotify, viel mehr über den Typen, der WeWork gegründet hat etc.. Man bekommt Einblicke in Welten und man bekommt Einblicke in Gedankenwelten. Und da ist immer die Frage: wo und wie setzt man dann Kritikpunkte? Ist es etwas, wo man dann von beiden Seiten sozusagen sich gegenseitig draufhaut?

Oder kommen Kritikpunkte auch sozusagen von ja, mag es eine mildere Note nennen, aber ich finde, dass sie meines Erachtens deswegen nicht nicht stark sind. Weil gerade gerade wenn ein Kritikpunkt aus einem Verständnis heraus passiert, wie Sebastian Strolz, der ja mit Sebastian Kurz auch gemeinsam was machen wollte, wenn der darüber spricht, dass er den früher gut fand, dass er ihn interessant fand.

Und wenn dann Kritikpunkte kommen, die sozusagen eine Person kritisieren und mir war es auch immer ein Anliegen, Kritik nicht mit dem Schaum vor dem Mund zu benennen. Eher ruhig und dargelegt mit einem gewissen Verständnis, und das kann man mir jetzt als Kritik auslegen, ja, aber ich finde eine Kritik mit Verständnis so wie eine Kritik ist weit hergeholt.

Aber wenn ein guter Freund dich kritisiert, dann ist das anders, wie wenn ein vollkommener Gegner dich kritisiert. Das heißt meines Erachtens nicht, dass deswegen die Kritik schwächer ist. Ich lasse mich dafür jetzt kritisieren, das muss ich ja. Aber meine Ansicht ist, dass es dadurch nicht schwächer ist.

00:41:04:15 - 00:41:09:24

Michael Nikbakhsh

Sebastian Strolz war jetzt witzig, ehrlich gesagt.

00:41:10:00 - 00:41:11:23

Sascha Köllnreitner

Entschuldigung. Matthias Strolz.

00:41:12:00 - 00:41:33:23

Michael Nikbakhsh

Alles gut. Wer zeichnete für die Auswahl der Protagonistinnen und Protagonisten verantwortlich?

00:41:33:24 - 00:41:33:40

Sascha Köllnreitner

Ich. 

00:41:33:01 - 00:41:33:59

Michael Nikbakhsh

Warum kommt zum Beispiel nicht Helmut Brandstätter vor, der ehemalige KURIER-Chefredakteur und Herausgeber? Der lässt kaum eine Gelegenheit aus, um zu beschreiben, wie ihn Sebastian Kurz beim KURIER demontiert hat.

00:41:34:00 - 00:42:02:05

Sascha Köllnreitner

Gute Frage, um ehrlich zu sein... Warum kommt Helmut Brandstätter nicht vor? Ich weiß es nicht genau, um ehrlich zu sein, ich kann es nicht ganz beantworten. Es sind so viele Namen in meiner Recherche herumgeschwirrt. Er war einer davon. Ich kann es nicht genau sagen. Also vorher bei den Kritiken hattest du auch durchgelesen warum zum Beispiel auch keine keine aktiven Politiker und Politikerinnen vorkommen. Gestern beim Screening hat jemand gefragt, warum keine Politiker?

00:42:02:07 - 00:42:12:13

Michael Nikbakhsh

Also faktisch gleich welcher Couleur. Stephanie Krisper ist die einzige aktive Politikerin, die vorkommt. Keine Roten, keine Blauen, Grünen und keine Schwarzen.

00:42:12:15 - 00:42:43:04

Sascha Köllnreitner

Die Überlegung aktiv oder nicht aktiv hat eine Rolle gespielt. Ich wollte immer Menschen dabei haben und auch von den kritischen Stimmen Menschen dabei haben, die entweder ein Thema einordnen und eben nicht per se als klar deklarierte Gegner einzuordnen sind. Das hat auch einen Grund, warum zum Beispiel ein Peter Pilz nicht vorkommt. Ich habe überlegt, aber es hätte für mich die Kritik abgeschwächt, weil sozusagen jetzt klipp und klar ist, was kommt ganz blöd gesagt.

00:42:43:06 - 00:42:48:03

Michael Nikbakhsh

Verzeihung...Kritik wird schwächer, wenn sie von denen kommt, von denen sie erwartbar kommt?

00:42:48:05 - 00:44:53:21

Sascha Köllnreitner

Ja, wenn es sozusagen die Breitseite von vornherein sehr klar ist. Ich wollte Kritikpunkte eingeordnet haben, also deswegen habe ich zum Beispiel auch die Frau Dr. Kronberger interviewt. Deswegen habe ich auch dich interviewt, weil ich dich als Investigativjournalisten sehr schätze. Das war mir wichtiger als Personen, von denen man per se sagt: Klar, das sind ganz klar Anti-Kurz und das darf ja sein und das soll ja sein.

Aber für mich war die Kritik stärker und wirkungsvoller meines Erachtens, wenn es eine Einordnung auch gibt. Und was jetzt die Politiker und Politikerinnen betrifft, war's auch immer, eine klare Entscheidung. Ich wollte Personen drinnen haben, die direkt mit Sebastian Kurz zu tun gehabt haben. Das sind natürlich wahnsinnig viele, aber deswegen kommt zum Beispiel auch "nur", und ich bin Ihnen sehr, sehr, sehr dankbar, dass Sie sich vor die Kamera haben, Matthias Strolz, Christian Kern vor, weil es sozusagen einen gemeinsamen Weg gibt, wenn man das jetzt so bezeichnen will.

Stephanie Krisper zum Beispiel kommt vor, weil sie die Vorsitzende des ÖVP-Untersuchungsausschusses war. Was mal ein Kapitel im Film war, was aber ein wahnsinnig ausladendes Kapitel im Film war. Und wahnsinnig schwierig zu erklären und mit wahnsinnig vielen Facetten, mit dem Ausgang des Untersuchungsausschusses ja, und mit den Ermittlungen und Anklagen und weiteren Anklagen, die noch folgen, werden noch nicht durchgestanden.

Und wir haben immer gesagt, wir wollen einen Film machen, der keine tagespolitische Abhandlung ist, und er soll auch kein dezidiertes Ablaufdatum haben. Und wenn ich dann jetzt ganz konkret auf das Jetzt Bezug nehme, dann hat der Film mit keine Ahnung Jänner 24 oder Februar 25... es sind dann einfach Dinge verschoben, wo ich den ganzen Film anschneiden würde, weil dann einfach Argumente nicht mehr zählen.

Das heißt jetzt Freispruch oder Schuldspruch etc., mehrere Anklagen...das war mir relativ früh im Schnitt klar, dass das bei uns eben nicht behandelt wird, weil ich wollte, dass der Film als Film funktioniert und eben keine tagespolitische Abhandlung ohne Bezug.

00:44:53:23 - 00:45:04:13

Michael Nikbakhsh

Du hast den Begriff anti-Kurz verwendet. Ich weiß jetzt nicht, ob er auf mich bezogen war, also just in case: ich bin nicht Anti-Kurz, ich bin Anti-Machtmissbrauch und Anti-Korruption. That's it.

00:45:04:17 - 00:45:55:09

Sascha Köllnreitner

Exakt, aber genauso meinte ich's. Also verzeiht mir, manche Dinge sind vielleicht falsch formuliert. Aber genau das meinte ich damit. Ich wollte Personen haben, die nicht per se anti-Kurz sind. Deswegen habe ich dich gefragt und danke, dass du dabei bist. Es ist natürlich gemein, Namen zu nennen, aber bei gewissen Politikern oder bei gewissen anderen Personen ist es einfach ganz klar, dass sie anti-Kurz sind und deswegen finde ich den Kritikpunkt dann dramaturgisch gesehen und persönlich gesehen nicht so stark, weil es einfach schon klar anti ist und ich wollte etwas einordnen, es entweder einordnen oder Wegbegleiter, die auch Anekdoten erzählen könnten, was dann viele nicht so getan haben, wie ich mir gewünscht hätte. Aber das war der Grund jetzt.

00:45:55:13 - 00:46:18:01

Michael Nikbakhsh

Das pro-Kurz Lager kommt ja nicht zu kurz. Unter anderem auch die auf Social Media sehr aktive Gabriele Beierl, der ich ihre Präsenz überhaupt nicht streitig machen möchte. Aber umgekehrt hast du ja auch mit dem Universitätsprofessor Fritz Hausjell gesprochen, lang, der dann im Film nicht vorkam, nur im Abspann. Warum?

00:46:18:03 - 00:48:26:02

Sascha Köllnreitner

Das tut mir leid, dass Herr Professor Hausjell nicht vorkommt. Und eigentlich tut es mir leid, dass sein Name genannt wird, weil normalerweise, wenn dann Personen nicht im Schnitt vorkommen, ist es unangenehm, wenn sie vorkommen. Also dafür möchte ich mich entschuldigen, dass das jetzt sozusagen publik ist. Das hat einen Grund, also grundsätzlich das Gespräch mit dem Professor Hausjell war super, super interessant. Er ist mein ehemaliger Professor. Wir haben im Vorfeld lange gesprochen. Auch über die Kritikpunkte, über die Dinge, über die wir jetzt gesprochen haben, weil ich auch in vielen Dingen auch unsicher war. Und der Herr Professor Hausjell hat mir da auch auch sozusagen gute Unterstützung geleistet, im Vorfeld des Interviews, im Gespräch. Das Gespräch mit Hr. Professor Hausjell war sehr ausladend, sehr interessant im Themenbereich und in den Erklärungen sehr komplex.

Und da muss ich sagen, das war eine Entscheidung, die wir wirklich spät im Schnitt getroffen haben. Dass gewisse Erklärungen, so interessant es war, in der Komplexität nicht gepasst haben. Wir haben dann sozusagen Hausjell durch andere Aussagen dann nicht ganz substituiert, das stimmt nicht, aber es gab dann sozusagen bits and pieces, und dann haben wir gesagt, der Hr. Professor Hausjell hat gute Erklärungen, lange Erklärungen, und das ist der Grund, warum er dann rausgefallen ist.

Aber das ist auch ein Punkt sozusagen, wo ich jetzt mit der Kritik umgehen muss. Was aber grundsätzlich, wenn Dokumentarfilm, dass nur eine Person rausgeflogen ist, ist ungewöhnlich. Ich habe viele TV Dokumentationen gemacht, da porträtiert man zehn Personen, acht Personen. Es fallen zwei, drei ganze Porträts hin und wieder raus. Also das tut mir leid für die betreffenden Personen.

Sie nehmen sich Zeit, sie reden. Ich habe mich beim Professor Hausjell auch wirklich entschuldigt. Ich werde ihm, wie er gebeten hat, auch gern zur zur Verfügung stehen für irgendwelche Gespräche auf der Uni etc. als Dankeschön, weil es mir wirklich leid tut. Und es tut mir leid, dass es jetzt öffentlich ist, dass er nicht vorkommt. Es fallen leider immer wieder Leute aus.

00:48:26:04 - 00:48:39:16

Michael Nikbakhsh

Der Film "Kurz - Der Film" hat zwei Wochen Premiere vor der bereits länger erwarteten Premiere von Kurt Langbein Film. Was für ein Zufall. Der ist doch erkennbar programmiert worden, um ihm den Film abzustechen...

00:48:39:18 - 00:50:09:09

Sascha Köllnreitner

Nein, nein.. ich glaube auch nicht, dass ein Abstechen, wie es jetzt öfter formuliert wird, passieren wird. Ich glaube sogar daran, dass beide Filme und ich bin davon überzeugt, dass beide Filme davon profitieren werden. Also wir haben das und auch da verschwimmt die Zeitachse bei mir, Barbie und Oppenheimer, der berühmte Oppenheimer-Effekt.

Ich glaube nicht, dass der Film von Kurt Langbein daran Schaden nimmt, dass die zwei Filme gleichzeitig erscheinen, also das vorweg. Die Programmierung hat nichts damit zu tun und auch wie gemutmaßt wird, dass die Programmierung irgendwas mit der Anklage zu tun hat. Nein. So 'was wird länger im Vorfeld geplant. Wann das, wie das irgendwie vonstattengehen kann, wann ein Film fertig werden kann, wann ein geeigneter Zeitpunkt sein kann.

Es ist im Raum gestanden, auch mal noch früher zu starten. Das wäre dann im Sommer gewesen. Viele Leute haben dann gesagt, das ist ein Schwachsinn, im Sommer zu starten. Die Investoren wollten, dass es so schnell wie möglich kommt, weil wir die weiteren Vertriebskanäle, weil sie die weiteren Vertriebskanäle dann natürlich nutzen wollen. Es gibt jetzt schon viele Angebote von Sendern und Streamern seit gestern. Viele Leute haben gesagt seit ihr wahnsinnig der frühestmöglichen Zeitpunkt ist dann der Ferienbeginn gewesen.

Das war vorgeplant. Also so kurzfristig, glaube ich, kann man es nicht machen, aber da habe ich nicht den genauen Einblick wie lange eine Programmierung und wie schnell eine Programmierung tatsächlich laufen kann. Ich kann aber sagen, es ist nichts, was ad hoc passieren könnte.

00:50:09:11 - 00:50:51:19

Michael Nikbakhsh

Finanziert wird der Film von einer deutschen Firma namens Opus R, deren Geschäftszweck der Handel mit Weinen ist. Wurde gestern erklärt - okay, sie machen andere Sachen auch noch. Die haben eine Geldsumme in die Hand genommen, über die derzeit noch nicht gesprochen wird. Das war jetzt zuletzt so eine Größenordnung, die stand im Raum... eine halbe Million Euro, das ist knapp weniger als Kurt Langbein sein Budget für den Film war, also das veröffentlichte. Hat es seitens der Financiers irgendwelche Wünsche an dich gegeben oder deinen Partner Michael Reisch?

00:50:51:21 - 00:51:15:17

Sascha Köllnreitner

Es gab seitens der Finanziers einen Wunsch, und zwar, dass der Film auch außerhalb Österreichs funktionieren soll. Das war der einzige Wunsch und ich bin Ihnen sehr, sehr dankbar, dass Sie Geld in die Hand genommen haben. Die Summen, die herumschwirren, und die Summen werden öffentlich werden. Die müssen sogar öffentlich werden... weil die Produktionsfirmen um die ISA plus Förderung ansuchen.

00:51:15:18 - 00:51:15:25

Michael Nikbakhsh

Weil?

00:51:15:36 - 00:51:16:02

Sascha Köllnreitner

Weil die Produktionsfirmen um Förderung ansuchen.

00:51:16:03 - 00:51:17:03

Michael Nikbakhsh

Das ist eine Wirtschaftsförderung.

00:51:17:04 - 00:51:29:06

Sascha Köllnreitner

Das ist eine Förderung und dazu muss das Budget offengelegt werden, weil das prozentuell am Gesamtbudget bemessen wird. Und dann wird die Förderung ohnehin öffentlich.

00:51:29:06 - 00:51:31:23

Michael Nikbakhsh

Die halbe Million ist zu viel, oder es ist weniger gewesen?

00:51:31:23 - 00:52:38:06

Sascha Köllnreitner

Es ist weniger gewesen. Also da, um ehrlich zu sein, bin ich auch ein bisserl, auf oberösterreichisch, angefressen, wie bei einigen Punkten. Dass medial irgendwelche Dinge weitergetragen werden. Und ich weiß, dass es Fragen gibt. Und das ist ja okay, wenn über die Spekulationen wird. Die letzten Tage hat Michi Reisch und auch die Produzenten wirklich klargestellt und deklariert, dass es unterhalb einer halben Million Euro ist.

Den genauen Betrag wollen Sie noch nicht nennen. Ich glaube, weil auch noch mal zusammengerechnet werden muss, wie viel es dann tatsächlich ist. Und die letzte Summe, die ich genannt bekommen habe, ist deutlich unter 500.000 €. Das hat auch Michi Reisch gesagt und das haben auch die Herren von der Opus gesagt. Und auch gestern stand in den Zeitungen wieder die Summe von 500.000 €, die Michi Resch nennt.

Und da bin ich wirklich etwas angefressen, weil wenn man etwas sagt, wenn man etwas klarstellt und es wird öffentlich werden. Und wie weit unter 500.000, das wird man dann sehen, wenn es öffentlich ist. Aber dass da sozusagen weitergegeben wird, Michi Reisch sagt, es ist eine halbe Million Euro, das stimmt nicht.

00:52:38:08 - 00:53:10:09

Michael Nikbakhsh

Mich wundert die Überraschung ein wenig, weil wenn man einen politischen Film macht, der insbesondere Sebastian Kurz so viel Raum gibt, dass just vor einem sehr sensiblen Gerichtsverfahren, dem man sich in Wien stellen muss, in einer Zeit, wo Comeback Pläne allenthalben diskutiert werden, ist es ja logisch, dass man fragt: Wer sind die Leute, die das finanzieren? Was hat das gekostet? Was war denen das wert?

00:53:10:11 - 00:57:02:01

Sascha Köllnreitner

Ich bin nicht überrascht. Und wir sind alle nicht überrascht, dass es Spekulationen gibt. Und im Nachhinein wäre es gescheiter gewesen, gleich sozusagen das Budget offenzulegen und die Finanzierung offenzulegen. Um ehrlich zu sein, dass das jetzt sozusagen die Spekulationen so stark in die Richtung gibt, damit haben wir auch nicht gerechnet. Also ich persönlich habe mir überhaupt keine Gedanken gemacht.

Ich mache den Film. Aber in den retrospektiven Gesprächen mit dem Produzenten, mit den Finanziers haben Sie auch gesagt: Ja, hätte man wahrscheinlich anders machen sollen. Ist aber auch höchst ungewöhnlich, sozusagen, gerade weil ja die Marketingkampagne so geplant war, dass es einen großen Ausschlag gibt, dass viel darüber gesprochen wird, dass spekuliert wird, was ist es? Der Plan war ja auch das riesengroße Plakat.

Zwei Tage später gibt es einen sogenannten Störer, der sagt im Kino ab, blablabla... Das war Teil der Kampagne. Die ist natürlich jetzt, böse gesagt, phänomenal aufgegangen. Jeder spricht drüber. Das ist einer der bekanntesten Filme, ist marketingtechnisch aufgegangen. Wäre komisch gewesen, wenn wir beim Trailer oder auf der Homepage das Budget gleich oder im Pressetext das Budget gleich dazugeben und die Finanzierung gleich dazugeben.

Es sind die Vorwürfe gekommen. Es sind die Mutmaßungen gekommen. Wir, in dem Fall mich eigentlich ausgenommen, ich muss mich dafür rechtfertigen, aber es ist nicht mein Metier, ich bin Regisseur und Autor, haben wirklich versucht, so schnell wie möglich alles zu beantworten und auch klipp und klar zu beantworten. Und ja, deswegen sage ich, es tut dann auch wieder bisschen weh, wenn es beantwortet wird und dann spielt es jetzt keine große Rolle, jetzt 10.000, 20.000 € auf oder ab in dem Fall.

Aber wenn man sagt, es ist unter und dann wird wieder davon gesprochen etc.. Ja, das ist Teil offenbar der Berichterstattung darüber, aber ja, das halte ich persönlich aus, weil ich mich in dem Fall nicht betrifft. Ja, zu Opus...ich bin dankbar, dass Sie den Film finanzieren. Und es war nicht so, dass die gesagt haben, da habt ihr einen Sack voll mit Geld und macht einen Film, sondern es ist tatsächlich so gekommen. Wir haben denen das Projekt vorgeschlagen. Ich habe ihnen gesagt, wie man es macht. Sie haben es sozusagen ein erstes kleines Treatment bekommen. Die meinten, das ist super interessant, das könnte groß aufgezogen werden. Das kann, soll auch im deutschen Sprachraum funktionieren. Das ist eine spannende, wieder, dramaturgische Figur. Die kann auch in anderen Ländern funktionieren als Film. Wir schießen mal was vor, macht mal die ersten Drehtage, wir haben die ersten Drehtage finanziert. Wir reden von einer Doku, da geht es nicht um wahnsinnig große Summen. Ist auch nicht der erste Film, den ich beginne, wo Produktion oder Finanziers im Hintergrund Geld vorschießen, um erste Drehtage zu bekommen. Also ich erzähle von einem Extremsportfilm. Der hat zweieinhalb Jahre gedauert, bis die Finanzierung geschlossen war. Bis dahin ist er vorfinanziert worden, einfach um das Projekt am Leben zu halten.

Wenn es steht, dann ist es tot. Ich habe ein Projekt, das habe ich zweieinhalb Jahre, drei Jahre verfolgt über internationale Fußballer mit Migrationshintergrund. Es ist nicht ganz tot, aber ein volatiles Feld, diese Fußballer sind alle bei anderen Vereinen. Nur zur Information, dass das natürlich auch eine Rolle spielt und auch eine Rolle spielt, warum wir gesagt haben, wenn sich ein Fenster öffnet, dann schauen wir, dass man das schnell machen.

Auch da. Wir waren sehr schnell, weil es gute Kontakte gibt mit einigen Streamern in den Verhandlungen. Es hat wirklich danach ausgesehen, dass da schnell eine Entscheidung gibt. Die Organisationsstrukturen bei den Streamer haben sich in den letzten ein, zwei Jahren auch wieder verschoben, über mehrere Länder. Das hat länger gedauert. Die Jungs von Opus haben gesagt: wisst ihr was? Wir glauben daran, machen wir das Projekt fertig.

Es klingt nach viel Geld. Es sind keine Unsummen. Wir finanzieren euch das vor. Macht's den Film, schauen wir, dass man dann schnell in die Verwertung kriegen, damit wir unser Geld wieder zurückkriegen.

00:57:02:03 - 00:57:21:24

Michael Nikbakhsh

Ich fasse zusammen: Du hast diesen Film verantwortet. Inhaltlich. Es hätte niemand hinein gepfuscht in irgendwas. Auch den Schnitt hast du endverantwortet. Sebastian Kurz hat sich zur Premiere angekündigt, bei der du auch sein wirst. Kleinen Rat von mir: wenn's geht vermeide Selfies.

00:57:22:01 - 00:57:40:24

Sascha Köllnreitner

Ja, das werde ich. Dinge, die bei einer normalen Premiere normal wären, werde ich tunlichst sein lassen. Nein. Keine Selfies, keine gemeinsamen Fotos. Es wird schwierig werden, weil wahrscheinlich viele Presse, viele Fotografen da sein werden. Nein, keine Selfies.

00:57:41:01 - 00:57:42:22

Michael Nikbakhsh

Sascha Köllnreitner, danke fürs Kommen.

00:57:42:24 - 00:57:48:07

Sascha Köllnreitner

Danke für das Gespräch.

Das Interview mit Regisseur Kurt Langbein / „Projekt Ballhausplatz“

00:58:00:05 - 00:58:20:02

Michael Nikbakhsh

Mir gegenüber sitzt jetzt Kurt Langbein, Filmemacher, Regisseur des Films "Projekt Ballhausplatz", der am 21. September Premiere in österreichischen Kinos feiert. Er ist mir via Konferenzschaltung zugeschaltet, weil er derzeit im Ausland weilt. Hallo Kurt, danke für die Teilnahme.

00:58:20:04 - 00:58:23:04

Kurt Langbein

Ja, hallo. Danke für die Einladung.

00:58:23:06 - 00:58:30:11

Michael Nikbakhsh

Bevor wir in Sachen "Projekt Ballhausplatz" reden, schlage ich vor Kurt, stell dich doch einfach mal kurz vor.

00:58:30:13 - 00:59:09:06

Kurt Langbein

Ja, ich bin jetzt schon viereinhalb Jahrzehnte publizistisch tätig. Zuerst war ich im ORF im Dokumentarfilm-Department, dann kurz im Profil und seit drei Jahrzehnten bin ich selbstständiger Publizist und Filmemacher und Filmproduzent. Hab viel über globale Ungerechtigkeit gemacht, über ökologische Fragen, über soziale Themen und vor allem über Wissenschaft und Medizin. Und das "Projekt Ballhausplatz" ist eigentlich mein erster Ausflug in die Parteipolitik, wenn man das so sehen mag.

00:59:09:06 - 00:59:47:20

Michael Nikbakhsh

"Projekt Ballhausplatz" ist ein politischer Film über die Ära Sebastian Kurz, der jetzt insofern eine interessante Note bekommen hat, als unmittelbar davor ein anderer Film erscheint, der sich sehr intensiv mit der Person Sebastian Kurz beschäftigt. "Kurz - Der Film" von Regisseur Sascha Köllnreitner, mit dem habe ich eben gesprochen. Kurt, du hast, wie wohl alle, relativ spontan vor einigen Tagen erfahren, dass es diesen Film gibt, der auch noch unmittelbar vor deiner Premiere angesetzt wurde. Was ist dir da durch den Kopf gegangen?

00:59:47:22 - 01:01:12:04

Kurt Langbein

Ja, ich war schon erstaunt. Ich habe eigentlich immer damit gerechnet, dass die Truppe um Kurz der ja, sagen wir so, von Skrupeln nicht gerade geplagt ist, irgendwas unternehmen wird, um meine Glaubwürdigkeit irgendwie zu erschüttern und war eigentlich relativ gespannt, was das sein wird. Aber an einem derartig aufwändiges Filmprojekt habe ich ehrlich gesagt nicht gedacht. Es ist ja so, dass ich seit Dezember vergangenes Jahr mich bemüht habe, die türkise Truppe um Interviews zu bitten und habe zuerst einzelne Körbe bekommen und dann eigentlich fast wortidente Absagen.

So sinngemäß "Sie werden doch nicht glauben, dass wir an einem Projekt mitwirken, das sich kritisch mit Sebastian Kurz auseinandersetzt". Dann haben wir im März zu drehen begonnen und offenbar parallel dazu hat jemand anderer zu drehen begonnen. Das ist schon viel Ehre, finde ich. Dass so viel Aufwand betrieben wird, um die Attraktivität meines Films herauszustreichen, würde ich fast sagen.

Weil es ist ja, fast so wie das Gegenteil passiert, was intendiert war, weil ganz viele jetzt auf beide Filme schauen. Daher auch auf das "Projekt Ballhausplatz", das den Aufstieg und den Fall des Sebastian Kurz beschreibt.

01:01:12:06 - 01:01:17:23

Michael Nikbakhsh

Steigen wir gleich ein. Was war die Idee hinter dem Film "Projekt Ballhausplatz"?

01:01:18:00 - 01:02:57:01

Kurt Langbein

Ich wollte verständlich machen oder will verständlich machen, wie es gelingen kann, dass eine kleine Truppe, mit den Machtmechanismen gut vertraute Truppe von jungen Männern, sehr jungen Männern, es schaffen, innerhalb von drei Jahren nicht nur eine Partei mit demokratischen Traditionen, sondern auch die Republik zu erobern. Das ist ja tatsächlich so gelaufen. Man möchte es fast nicht glauben.

Man kann es aber deswegen glauben, weil sie das ja auch schriftlich niedergelegt haben. Das Projekt Ballhausplatz ist ein 200 Seiten Papier, wo eigentlich minutiös alles aufgeschrieben ist, was dann Monat für Monat und Woche für Woche passiert ist. Das ist natürlich traurig zu sehen und wirft ein fragwürdiges Blick auf den Zustand unserer Republik. Dass das möglich ist, dass eine ein Dutzend Menschen so an die Macht kommen kann, in dem sie aus der Partei alle anderen weggeputscht und dann unter massiver Medienunterstützung, über die wir dann auch reden sollten, wie die zustande kommt, an die Macht kommt. Und es ist leider auch traurig zu sehen, dass wenn das ein Mensch, der so emporgehoben wird, planvoll und ein gewisses rhetorisches Talent besitzt, es schafft, dann auch so attraktiv für sehr viele Wähler zu werden.

01:02:57:03 - 01:03:13:06

Michael Nikbakhsh

Ich möchte dich jetzt nicht entmutigen, aber im anderen Kurzfilm, den ich gesehen habe, sagt Wolfgang Schüssel oder tut Wolfgang Schüssel Projekt Ballhausplatz als eine Verschwörungstheorie ab.

01:03:13:08 - 01:03:52:02

Kurt Langbein

Ja, das entmutigt mich gar nicht. Das war ja auch immer die Strategie der Kurz-Truppe. Und Herr Schüssel ist ja einer der Gründerväter ideologisch, dieser Gruppe. Dass man alles, was einem vielleicht unangenehm sein könnte, dementiert, löscht, schreddert...das ist sozusagen ein Standardrepertoire von ihnen. Das Dokument ist aus meiner Sicht unzweifelhaft echt, weil es auch im Veränderungsmodus, belegbar sozusagen, Korrekturen der Prätorianer einiger der Prätorianer beinhaltet.

01:03:52:04 - 01:03:57:09

Kurt Langbein

Die werden ja nicht einen Text bearbeiten, den es nicht gibt.

01:03:57:11 - 01:04:16:11

Michael Nikbakhsh

Das "Projekt Ballhausplatz", also das Filmprojekt "Projekt Ballhausplatz", ist im Gegensatz zum anderen privat offenbar so wie jetzt gesagt, finanzierten Film mit unter Inanspruchnahme von Förderungen realisiert worden. Das ist auch der übliche Weg in Österreich, habe ich verstanden in der Filmbranche.

01:04:16:13 - 01:05:16:24

Kurt Langbein

Ja, wir haben glücklicherweise eine recht ordentliche Filmförderung. Da sind Jurys da, unabhängig zusammengesetzt, die über die Konzepte sitzen und dann entscheiden, welcher Film die Förderung bekommt, die er braucht, um produziert zu werden. Da muss man auch die Budgets vorlegen. Das ist alles extrem transparent. Und dann wird auch der ORF gefragt im Rahmen des Film-Fernseh-Abkommens, ob er da mitmachen will.

Und die legen dann auch noch ein bissl was drauf. Das ist eine sehr feine Einrichtung, weil aus eigenem Refinanzieren lässt sich ein Dokumentarfilm in Österreich eigentlich nicht. Also leider sind, wenn man 30.000 40.000 Zuschauer hat, ist das schon ein Spitzenwert in den österreichischen Kinos. Und damit kann man gerade mal den Eigenanteil, also das eigene Investment, das man hinein gibt, das muss man auch und das tun wir natürlich auch, refinanzieren.

01:05:17:01 - 01:06:07:03

Michael Nikbakhsh

Das Budget für diesen Film betrug knapp unter 600.000 €. Die wiederum zum größten Teil eben gefördert waren. Die andere Produktion sagt, ihr Film sei preiswerter gewesen. Ich lasse das jetzt mal so im Raum stehen. Ich kann das nicht beurteilen, bisher haben wir noch keine Zahlen dazu gesehen. Soweit es jetzt deinen Film sind betrifft, habe ich nachgeschaut...im Februar 2023 kam erstmals laute Kritik von der ÖVP daran. Zu dem Zeitpunkt gab es ja noch nicht viel von dem Film, glaube ich, aber dennoch gab's scharfe Kritik. Da war dann die Rede davon, dass da linke Propaganda auf Steuergeld kosten gefördert werde. Jetzt liegt der fertige Film vor uns ich habe ihn eben auch schon gesehen. Jetzt mal ein Werturteil vom Regisseur selbst - ist das linke Propaganda?

01:06:07:05 - 01:07:39:15

Kurt Langbein

Aus meiner Sicht keinesfalls. Aber es überrascht mich nicht, dass die ÖVP so agiert. Überrascht hat mich schon, dass sie zu einem Zeitpunkt den einen Film kritisiert, zu dem es den Film noch gar nicht gibt. Also das ist schon originell irgendwie. Gewohnt bin ich's trotzdem, von der ÖVP so etikettiert zu werden. Schon zu meinen ORF Zeiten Zeiten haben die ÖVP Funktionäre vor allem die Pressesprecher, mich als Kommunisten tituliert. Die Sozialisten haben mich zu einem Grünen gemacht und die Grünen zu einem Roten. Ich bin gewohnt auf diese patzade Zuordnungsform, dass man jemandem irgendein Etikett verleiht, dass man für unbequem oder für schlecht hält, irgendwie brandmarkt. Das tangiert mich eigentlich ganz wenig, wirft aber ein bisserl ein Licht auf das Demokratieverständnis oder auch auf das Medienverständnis der ÖVP.

Sowohl diese Vorauskritik, diese heftige als auch sozusagen die generelle und allgemeine Ablehnung, ein Interview zu geben und dann auch zu demonstrieren, wir geben die Interviews zu den Medienmachern, zu denen, von denen wir glauben, dass sie das Richtige für uns machen, wenn nicht der andere. Keine andere Erklärung lässt es zu, dass sie in einem Film bereitwillig alle die Interviews geben und dem anderen nicht.

01:07:39:17 - 01:07:50:13

Michael Nikbakhsh

Sascha Köllnreitner bezeichnet seinen Film ungeachtet der Kritik als "ausgewogen". Würdest du das für deinen in gleicher oder ähnlicher Form auch in Anspruch nehmen?

01:07:50:15 - 01:09:21:07

Kurt Langbein

Der Film ist nicht ausgewogen, er kann es schon allein deswegen nicht sein, weil wir aus dem Kreis der Kurz-Jünger oder -Prätorianer und ihm selbst nur Zitate aus dem Archiv verwenden konnten und ihre Aussagen daher im Original uns nicht vorlagen. Es ist aber auch, glaube ich, für mich nicht das Hauptanliegen, ausgewogen zu sein. Den mein Lehrmeister Klaus Gatterer, ein sehr knorriger und sehr kluger ORF Journalist, hat einmal gesagt "Tatsachen sind nie ausgewogen", und in dem Sinne ist der Film auch nicht ausgewogen.

Es ging mir auch wirklich darum, die Mechanismen der Machtergreifung und die Mechanismen des Machterhalts zu zeigen und zu dekonstruieren, um verständlich zu machen, was da passiert. Dass man jede Woche ein fremdenfeindliches oder ausgrenzende Thema kreiert, meistens am Sonntag ganz systematisch und und damit eine Stimmung schafft, auf der man selber von Wahlergebnis zu Wahlergebnis reitet, unabhängig von der Realität.

Das sind zum Teil PR-Stunts. Es sind zum Teil grausliche Geschichten, wo Menschenrechte missachtet werden. Aber es geht eigentlich darum Stimmung zu machen, um Machterhalt zu praktizieren und das zu zeigen kann eigentlich nicht ausgewogen sein, aber es ist mir ein Anliegen.

01:09:21:08 - 01:09:51:20

Michael Nikbakhsh

Für mich tatsächlich, nachdem ich jetzt beide gesehen habe...der eine Film ist ein Porträt und der andere beschreibt tatsächlich ein politisches System oder Handlungen politischer Akteure. Eigentlich lassen sich die Filme gar nicht so wirklich vergleichen, weil ja vor allem auch da der deine nicht durch das Leben von Sebastian Kurz schweift, sondern eine ganz bestimmte Episode, eine politische Episode in der Zweiten Republik aufgreift. Wer war denn für die Auswahl von Gesprächspartnern bei dir verantwortlich?

01:09:51:22 - 01:10:34:16

Kurt Langbein

Also die Gesprächspartner habe ich ausgesucht. Ich habe das nicht nach parteipolitischen Kriterien gemacht, sondern ich habe Wegbegleiter gesucht. Zum einen, die vorgegeben waren durch filmische Dokumente. Es gibt für die das Jahr 2010, für den ersten Wahlkampf, den der Sebastian Kurz bestritten hat, mit dem berühmt berüchtigten "Geilo-Mobil", gab es einen Dokumentarfilm, den Kollegen damals gemacht haben. Und die Protagonisten, die dort vorgekommen sind, waren natürlich jetzt für mich dann auch Kandidaten sie weiter filmisch zu begleiten und sind nach ihren Eindrücken, Erlebnissen mit Sebastian Kurz zu befragen.

01:10:34:16 - 01:10:55:09

Kurt Langbein

Und die anderen... Da habe ich einfach Wegbegleiter gesucht, von denen ich den Eindruck hatte, dass sie besonders bedeutsam und prägnant sein Leben kommentieren können und habe dann auch nicht alle nehmen können, natürlich in den Filmen, mit denen ich probiert haben, Interviews zu machen.

01:10:55:11 - 01:11:18:07

Michael Nikbakhsh

Es kommen natürlich nur vermeintlich Linke - ich lass das jetzt allerdings sehr unscharf stehen - zu Wort, sondern durchaus auch Parteifreunde, ehemalige Parteifreunde von Sebastian Kurz, also unter anderem Franz Fischler und Ferry Maier. Und natürlich äußern diese sich auch sehr kritisch über ihn.

01:11:18:08 - 01:12:15:14

Kurt Langbein

Genau, die waren auch bereit, darüber zu reden. Wobei man dazu sagen muss, dass der Franz Fischler ja ursprünglich begeistert war vom Sebastian Kurz und man könnte auch sagen ein Förderer seines ersten Karriereweges war und dann aber erkannt hat, dass das es da weniger um Politik im Sinne von einer sinnvollen Gestaltung von Lebensverhältnissen der Menschen geht, sondern um Propaganda und Machterhalt.

Und dann hat er sich von ihm abgewendet. Und beim Ferry Mayer war es eigentlich ähnlich, aber da hat der Konflikt, wie man im Film sieht, schon sehr früh begonnen mit ihm. Weil er das Geld verwertet hat, das er haben wollte für das Geilo-Mobil. Aber er hat Förderer gefunden, die das dann doch finanziert haben, so wie er jetzt offenbar Menschen gefunden hat, die einen sauteuren Film zu seiner Propaganda finanziert haben.

01:12:15:16 - 01:12:26:09

Michael Nikbakhsh

Also fürs Protokoll, nur damit das dann ist das auch gesagt ist: die bestreiten, dass es irgendeine Form von finanzieller Involvierung des Kurz-Lagers in dieses Produkt gab, nur damit das jetzt nicht ganz unwidersprochen stehen lasse.

01:12:26:11 - 01:12:32:20

Kurt Langbein

Ja, das ist ja auch ganz normal. Das passiert eigentlich immer regelmäßig, bis das Gegenteil bewiesen ist.

01:12:32:22 - 01:13:34:21

Michael Nikbakhsh

Ich darf dich, Kurt, mit zwei Kritiken, die ich gefunden habe, zu deinem Film da jetzt noch nicht so breit der Presse glaube ich vorgeführt wurde, wie wir gestern "Kurz - Der Film". Der STANDARD schreibt: "In Summe ist "Projekt Ballhausplatz" kein investigativer Beitrag. Der Film lebt nicht von neuen Aufdeckungen, aber in seiner Gesamtheit zeigt er, was speziell in den eineinhalb der türkis blauen Bundesregierung alles möglich war".

Der Falter schreibt: "Ein Großteil vom "Projekt Ballhausplatz" besteht aus Aufnahmen, die für TV Beiträge gemacht wurden. Es fehlt eine dramaturgische Handschrift, die eine Genreambition erkennen ließe, ist weder ein Heldenplot noch eine Vivisektion des politischen Geschäfts", und da kommt ein ganz interessanter Punkt, Der Falter schreibt:" Es fehlt doch das Verständnis für die andere Seite, also für jene, die denn die dem türkisen Luzifer zujubelten". Tatsächlich mag es jetzt Menschen geben, deren Motive so begeistert von Sebastian Kurz zu sein, auf der Leinwand zu zeigen auch interessant gewesen wäre, oder?

01:13:34:23 - 01:14:52:13

Kurt Langbein

Das ist ohne Zweifel richtig. Wir haben ja auch eine Hoteliers Frau aus dem Lungau, die eine begeisterte Wahlkämpferin für ihn war, die im Rahmen der Wirtschaftskammer auch sogar an den Koalitionsverhandlungen teilgenommen hat und auch ihre Begeisterung beschreibt und auch mitbeschreibt, wie wichtig es ihr anfangs erschienen ist, dass da einer ist, der anschafft. Als, ich meine als sehr häufiger Fehlschluss wenn die Demokratie irgendwie mühsam wird, und das ist sie leider sehr oft. Die hat mir aber dann auch erzählt, dass sie dann mitbekommen hat, dass das eigentlich ein falscher Weg ist. Und nachdem ihr dann Wort für Wort in Interviews vorgeschrieben wurde, hat sie sich dann von ihm abgewendet. Ich meine, das ist schon auch ein guter und wichtiger Beitrag aus der Fangemeinde.

Undifferenzierte Helden eben, finde ich, müssen in so einem Film nicht vorkommen. Und ja, die Filmkritik vom Falter ist ja immer so eine eigene Geschichte. Also ich bin immer sehr gut gefahren, dass ich mir die Filme, die im Falter verrissen worden sind, angeschaut habe. Die waren meistens sehr gut.

01:14:52:15 - 01:15:01:24

Michael Nikbakhsh

Wenn du jetzt auf deinen fertigen Film blickst, was siehst du also insbesondere, inwieweit konnte deine eigene Erwartungshaltung erfüllt werden an das Projekt?

01:15:02:01 - 01:16:51:04

Kurt Langbein

Es war mir von Anfang an klar, dass es kaum möglich ist, einen investigativen Film zu machen, der Sachverhalte darlegt, die noch nirgendwo bekannt waren, weil ja auch sehr, sehr viele Kollegen dann doch sehr umfangreich recherchiert haben und weil viel mehr als diese Chats, die durch einen Zufall eigentlich an die Öffentlichkeit gekommen sind, und mit denen sich ja auch die Justiz befasst, viel mehr aus dem Innenleben, glaube ich, kann man gar nicht und muss man gar nicht erzählen.

Es ist mir eher darum gegangen, mit filmischen Mitteln zu erzählen, wie es zu diesem Machterwerb und diesem Putsch kam und wie er dann genutzt wurde von dieser Truppe und wie sehr sie dann die demokratischen Institutionen geringgeschätzt, missachtet oder sogar gar nicht mehr respektiert haben. Das geht natürlich eigentlich nur unter Verwendung von Filmmaterial und dieses gibt es wiederum fast nur im Fernsehen.

Das kann man natürlich kritisieren, aber das war mir auch klar, dass das nicht allen gefallen wird. Aber das ist eine der Möglichkeiten, die ich eben ergriffen habe, um die Geschichte überhaupt zu erzählen. Und ich glaube, dass in der geballten Ladung diese Dinge eingeordnet zu zeigen, die im Fernsehen über zehn Jahre verschoben immer wieder aufgetaucht sind, und sie einzuordnen in einen Gesamtzusammenhang. Dass das durch ein durchaus legitimes Mittel ist, ob es jetzt einem gefällt oder nicht.

01:16:51:06 - 01:17:02:09

Michael Nikbakhsh

Den Vorwurf der Einseitigkeit hast du in das Projekt schon mit einkalkuliert, aber was wäre denn gewesen, wenn Sebastian Kurz zugesagt hätte?

01:17:02:11 - 01:18:10:15

Kurt Langbein

Ja, das wäre gar nicht so einfach gewesen, weil er ist ja ein wirklich ein Meister im Vernebeln und Zerreden. Ich habe ja, weiß ich nicht, sagen wir 100 Stunden, Kurz gehört in den Vorbereitungen. Da ist es mir dann immer unbehaglicher geworden. Und dann wird aber auch so deutlich wie beharrlich und durchaus geschickt, und ich würde sagen zumindest schlau, er es versteht, sozusagen um die Dinge herumzureden.

Man kann ihm dann selten eine bewusste Lüge vorwerfen, aber es ist fast immer die Unwahrheit und es ist ein Verdrehen und permanentes Slalomschlagen. Genauso wie seine sonstige Polemik auch typisch ist für die des Rechtspopulismus oder der Rechtspopulisten. Das ist ja auch bei Trump ganz ähnlich oder bei Orban oder auch bei anderen, wie soll man sagen, mäßig demokratischen politischen Führern.

01:18:10:17 - 01:18:27:07

Michael Nikbakhsh

Tatsächlich beschreibt dein Film ja die Wandlung eines jungen aufstrebenden konservativen Politikers, der gern Party macht - hin zu einem nach rechts gekippten Politiker, und zwar schlicht aus, offenbar aus taktischen Erwägungen heraus.

01:18:27:09 - 01:19:25:17

Kurt Langbein

Genau. Wobei für mich schon auch ein bisschen überraschend war, dass ich sehen musste und verstanden habe, dass auch schon diese jugendlichen Präsentationen samt "Geilo-Mobil", was ja eigentlich als relativ botschert und nicht sehr intelligent wirkt...dass das auch schon aus Kalkül passiert ist, dass ist dem Sebastian Kurz nicht passiert. Der war damals genauso mit einer Maske ausgestattet, wie er es später war.

Nur die Masken haben sich ein bisschen gewechselt, eben geändert. Das hat schon der Maderthaner und seine Leute gezielt konfiguriert, um eine Marke zu schaffen. Und der war ja wirklich von da an wirklich in aller Munde und bekannt. Zuerst hat man sich über ihn geärgert, aber man hat ihn gekannt. Oder man hat ihn belächelt, aber man hat ihn gekannt. Dann hat man gestaunt und dann hat man gesehen, zu was er alles fähig ist.

01:19:25:19 - 01:19:30:05

Michael Nikbakhsh

Philipp Maderthaner war eine der angefragten Personen deinerseits?

01:19:30:07 - 01:19:31:23

Kurt Langbein

Ja, genau.

01:19:32:00 - 01:19:37:15

Michael Nikbakhsh

Taucht im anderen Film auf. Wie schaut es mit dem Herrn Frischmann aus? Auch angefragt?

01:19:37:17 - 01:19:38:21

Kurt Langbein

Ja, selbstverständlich.

01:19:38:21 - 01:19:40:06

Michael Nikbakhsh

Taucht auch im anderen Film auf.

01:19:40:06 - 01:19:42:03

Kurt Langbein

Es gibt im Film einen Schlussroller...

01:19:42:05 - 01:19:44:09

Michael Nikbakhsh

Viele Namen habe ich gesehen.

01:19:44:11 - 01:19:48:04

Kurt Langbein

35, die keine Interviews gegeben haben.

01:19:48:06 - 01:19:56:09

Michael Nikbakhsh

Das gilt natürlich auch für Fleischmann, Steiner, Kurz selbst, die alle im anderen Film auftauchen übrigens.

01:19:56:11 - 01:20:11:08

Michael Nikbakhsh

Das Phänomen Sebastian Kurz ist ein Medienphänomen. War es immer. Ist es anscheinend immer noch. Was hast du da im Zuge der Recherchen mitgenommen über die Rolle der Medien rund um den Aufstieg von Sebastian Kurz?

01:20:11:10 - 01:21:36:21

Kurt Langbein

Ja, ein Teil dieses Machtplanes des Projekt Ballhausplatz bezieht sich auf die Medien. Man muss sagen, dass die Medienkorruption von dieser Truppe Rund um Kurz nicht erfunden ist. Die gab es davor schon. Vor allem der Herr Faymann, der da sehr virtuos zugange war. Aber sie haben es zur perfiden Perfektion betrieben und haben da wirklich ohne jede Hemmnis Steuermittel eingesetzt und damit vor allem die Boulevardmedien, die großen Medien für sich eingenommen.

Das sieht man und das war eines ihrer Erfolgsrezepte. Es ist natürlich für einen Journalisten ein bisschen traurig zu sehen, wie eigentlich relativ einfach und gar nicht so wahnsinnig teuer es ist, die zentralen Medien des Landes zu beeinflussen und Stimmung für einen Politiker zu machen und eine Stimmung zu machen, die nicht mehr hinterfragt, was da wirklich passiert und was die Folgen dieser Politik sind, sondern einfach mitmacht.

Also das hätte man vielleicht irgendwann auch nicht so billig geben müssen. Mehr als 200 Millionen im Jahr ist zwar viel Geld, aber andererseits ist die Demokratie auch viel wert.

01:21:36:23 - 01:22:01:17

Michael Nikbakhsh

Ich finde es nicht nur traurig, ich finde das hochgradig erschütternd, insbesondere auch, weil viele es schlicht gewusst haben und es geduldet haben. Eine tragende Rolle in deinem Film als Befragter Helmut Brandstätter. Schlicht einfach, weil er sehr anschaulich beschreibt, wie er damals als Chef des KURIER demontiert wurde.

01:22:01:19 - 01:23:46:01

Kurt Langbein

Ja, und er war einer der wenigen Chefredakteure in den großen Medien, der schon, als er in den KURIER kam, sich skeptisch zu diesem Medienkorruption, also zu den Regierungsinseraten geäußert hat und hat dann immerhin die Konsequenz besessen, seiner Haltung treu zu bleiben und nicht den Aufforderungen nachzugeben, als Freund des Herrn Kurz zu agieren, was ja ultimativ von ihm verlangt worden ist.

Und er hat dann auch die Konsequenz getragen. Er war dann nicht mehr sehr lang Chefredakteur des KURIER und dann noch kurz Herausgeber, aber dann nichts mehr und ist in die Politik gewechselt. Also es gibt nicht viele, die diese Schritte gemacht haben, nicht viele Kollegen. Und ich hoffe, dass sich das allmählich jetzt ändert. Es gibt aber nicht wahnsinnig viele Indizien, wenn man sich anschaut, dass ein Herr Fleischmann und auch ein Herr Kurz wieder irgendwelche Bücher absondern lässt und und dann werden sie genauso devot und unkritisch weiter befragt und es wird ihnen die Plattform gegeben, wieder ihre PR Gags abzufeiern.

Also da ist was, da ist der Wurm drinnen bei uns in der Medienlandschaft. Gott sei Dank hat zumindest ein Teil der Justiz sich nicht beugen lassen und haben nach Ibiza, eigentlich, ermittelt. Und dann mehr oder weniger durch einen Zufallstreffer diese Datenmengen, der Chats rund um den Herrn Schmidt gefunden und auszuwerten begonnen. Sonst wäre der Herr Kurz heute immer noch Bundeskanzler.

01:23:46:03 - 01:24:11:08

Michael Nikbakhsh

Ab dem 18. Oktober müssen sich Sebastian Kurz als zweiter Angeklagter, erste Angeklagte ist Bettina Glatz-Kremsner, vormals stellvertretende Bundesparteiobfrau der ÖVP und Casinos Managerin, tritt angeklagt Kurz vor Kabinettschef Bernhard Bonelli gemeinsam vor Gericht verantworten. Es geht um den Vorwurf der falschen Beweisaussage... Zufall, dass dein Film knapp davor erscheint?

01:24:11:10 - 01:24:58:00

Kurt Langbein

Ja, ich habe gewusst, dass irgendwann ab dem Sommer aber mit dieser ersten Verhandlung zu rechnen sein wird. Aber ich habe den Film produziert, und wenn ich einen Film produziere, und er wird fertig dann will ich ihn in die Kinos bringen. Ich wusste nicht, dass das so nah zusammenkommt, und es hätte aber auch keinen Unterschied gemacht, wenn ich's gewusst hätte. Es gibt ja dann noch ein zweites Verfahren.

Wie ich meine schwerwiegenderes und bedeutsameres das aber erst nächstes Jahr irgendwann kommen wird. Also es gibt zwei große Strafverfahren rund um Sebastian Kurz und das erste ist jetzt über die Falschaussage vor dem Ausschuss.

01:24:58:02 - 01:25:17:20

Michael Nikbakhsh

Wenn ich so drüber nachdenke, es haftet ja beiden Filmen nebeneinander und unabhängig voneinander der Makel der Schlagseite an, je nachdem der eine in die eine Richtung und der andere in die andere. Kann es sein, dass man ein solches Projekt gar nicht machen kann, ohne genau diesen Effekt zu haben?

01:25:17:22 - 01:25:58:22

Kurt Langbein

Also wie gesagt, Tatsachen sind niemals ausgewogen. Mir geht es eigentlich um faire Berichterstattung. Jedem, der kritisiert wird, die Möglichkeit zu geben, darauf zu antworten. Aber mir geht es eigentlich immer darum, ein Anliegen zu vertreten und Denkprozesse zu befördern und Ausgewogenheit aus Prinzip ist, dann ist eigentlich ein Zerreden und ist sozusagen die Suche nach dem Schwammigen, nach dem Diffusen. Das ist mir nie ein Anliegen. Und ich glaube auch nicht, dass man damit sinnvolle Medienarbeit betreibt.

01:25:58:24 - 01:26:18:08

Michael Nikbakhsh

Wann ist denn "Projekt Ballhausplatz" deines Erachtens ein Erfolg? Abgesehen von vielen Zuschauern, die ich dir wie ich jedem Filmprojekt das wünsche, auch dem anderen natürlich. Aber es ist ja wohl zu erwarten, dass die Fanbase sich eher den einen Film anschaut und die den vielleicht nicht so wollen, eher den deinen nicht.

01:26:18:10 - 01:26:48:13

Kurt Langbein

Ja, das ist traurig. Das ist das traurige Schicksal des Filmemachers. Das ist im Fernsehen manchmal ein bisschen anders. Der Film kommt aber auch ins Fernsehen, und der wird ihn ja wohl ausstrahlen, wenn er ihn schon mitproduziert hat mit einem kleinen Beitrag. Man kann im Kino Leute, die nicht zu diesem Thema ein gewisses Anliegen haben und eine gewisse Art er Affinität haben, nicht erreichen.

01:26:48:15 - 01:30:05:12

Kurt Langbein

Was man im Kino schon machen kann, ist kräftigere Impulse zu geben als es im abstrakten Fernsehkonsum oder so möglich ist. Wenn die Leute emotional viel näher bei dem Film und bei seinen Geschichten sind dazu gibt es Untersuchungen, das finde ich relativ spannend. Also für mich wäre es ein Erfolg, wenn die Debatten über Sebastian Kurz weitergehen, wenn sie an Tiefe gewinnen, wenn die Grundfesten unserer Demokratie dadurch vielleicht ein bisschen bewusster wieder wahrgenommen werden und damit auch gestärkt werden. Weil dieser Hang dann zum Populismus und zum Rechtspopulismus, ja vor allem dadurch gestärkt wird, dass eine relativ große Bevölkerungsgruppe den demokratischen Mechanismen nicht ausreichend Aufmerksamkeit und Respekt zollt.

Wenn sich da ein bisserl was bewegt, dann tät's mich freuen. Natürlich mit mehr Zuschauen kann sich da mehr bewegen. Ich hoffe auch, dass einer der Streamer den Film noch in sein Programm nehmen wird. Da gibt es Gespräche und ich hoffe, dass es viele Diskussionen 'drum gibt. Und da hat ja, muss man ehrlicherweise sagen, das zweite Projekt durchaus geholfen.

Es wird jetzt viel breiter und wacher über Pro und Contra, Sebastian Kurz und die Mechanismen und Finanzierungen geredet, weil auch da war ja und ist offenbar Sebastian Kurz ein wahrer Meister, große Geldgeber zu finden, die hier in grauen Kanälen oder sonst wie schwer nachvollziehbar, viele Meter bewegen. Also uferlos Geld und Lüge als Prinzip, das sind so Werkzeuge der Rechtspopulisten.

Das beschreibt in meinem Film der Matthias Strolz und das finde ich eine sehr zentrale Aussage. Und auch da bräuchten wir mehr Transparenzregeln, weil wenn man sich anschaut, dass für die Vergehen, die die ÖVP im Wahlkampf 2017 gesetzt hat, auch das wurde lange dementiert, bis es eben Gott sei Dank Journalisten, in dem Fall vom Falter, aufgedeckt haben diese Wahlkampfkostenüberschreitung unter der Decke und abgestritten.

Für solche Delikte ist ja in Frankreich zum Beispiel der Präsident ins Gefängnis gegangen. Also wir müssen auch klarere Spielregeln haben, wie Politik finanziert werden soll und wie sie nicht finanziert werden darf. Und da können wir, glaube ich, eine Menge noch lernen. Und wenn in diesem Prozess der Film eine Rolle spielt, dann bin ich dankbar und froh.

Wie es juristisch ausgeht, das finde ich, ist ein anderes Blatt. Mir geht's darum, Sachverhalte zu zeigen, Mechanismen zu zeigen, die ohne Zweifel da sind. Ob die jetzt juristisch als Delikt zu werten sind oder nicht. Das ist nicht mein Thema.

01:30:05:14 - 01:30:19:00

Michael Nikbakhsh

Bei der Auswahl der Gesprächspartner. Okay, wollte dir niemand vom Team Kurz oder der ÖVP vor die Kamera gehen. Es wollte aber auch niemand aus dem grünen Team. Warum eigentlich?

01:30:19:02 - 01:31:10:09

Kurt Langbein

Nein, das stimmt so nicht. Einer der Protagonisten aus dem Dokumentarfilm "2010" ist ein Grüner und mit dem habe ich auch gedreht. Das war der Werner Lobo, der sich aber dann jetzt so weit weg von der Politik entfernt hat, dass das leider seine Geschichte die er da mitbeitragen konnte, quasi eher in ganz andere Sphären geführt hat. Und deswegen kommt er nicht vor und unter denen, die besonders klug und tiefgründig über Sebastian Kurz gesprochen haben, ist tatsächlich kein Grüner, weil mir da keiner eingefallen ist.

01:31:10:11 - 01:31:18:04

Michael Nikbakhsh

Von blauer Seite Johann Gudenus, den fand ich tatsächlich überraschend... Warum ausgerechnet er? Weil er der Einzige war, der zugesagt hat wahrscheinlich?

01:31:18:06 - 01:31:59:01

Kurt Langbein

Nein, weil er in diesem Film "2010" der Wahlkämpfer der jungen FPÖ ist. Da gibt's den Petr Bakant, der junge Sozialdemokrat und da gibt es den Gudenus, der da in den diversen Märkten agitiert. Und es gibt den Sebastian Kurz und eben den grünen Vertreter. Das war ja der Beginn vom Film und ist der Beginn vom Film.

Und diesen vier Personen bin ich gerne gefolgt. Und das war der Gudenus. Und zu meiner Überraschung - ich habe eher damit gerechnet, dass er ablehnen wird - hat er relativ schnell und unkompliziert ja gesagt.

01:31:59:03 - 01:32:03:21

Michael Nikbakhsh

Und mittlerweile sind die auch keine Freunde mehr, so sie es überhaupt je gewesen sein sollten.

01:32:03:21 - 01:32:07:15

Kurt Langbein

Ja das ist richtig.

01:32:07:17 - 01:32:17:17

Michael Nikbakhsh

Ich werde dieser Tage immer wieder mal gefragt, ob Sebastian Kurz vor einem Comeback steht. Ich habe keine Ahnung. Hast du eine?

01:32:17:19 - 01:33:53:17

Kurt Langbein

Also ich sehe, dass er in einem relativ großen Büro am Ring mit einem guten Teil seiner Getreuen eine ganze Etage Büro betreibt und dass er was vorhat. Und das ist ja alles relativ teuer, lässt sich mit den paar Geschäften, die er, von denen man weiß, dass er sie macht, wahrscheinlich nicht erklären. Und ich sehe, dass er einen unglaublichen Drang an die Öffentlichkeit hat, dass er sich mit seinen rechtspopulistischen und oder halt diktatorischen Freunden ganz gerne trifft und auch zeigt wie unlängst in Wien, Budapest bis zu Erdogan und die ganze rechte Kamarilla der neuen EU-Mitgliedsstaaten war da auch dabei. Ich sehe, dass er sich nach wie vor mit Netanjahu trifft. Das tut wahrscheinlich niemand, der sich wirklich von der Politik verabschiedet hat. Dass er Hof hält in Salzburg, wo er keine aktive Rolle mehr spielt und dort Einladungen gibt für einige 100 Personen rund um die Festspiele.

Er hat einen starken Hang zu dieser doch politischen Öffentlichkeit, und ich glaube, dass er das fast nicht aushält ohne. Nur welche Pläne er im Detail hat, kann ich nur ahnen. Ja, er wird was vorhaben, sonst würde er sich nicht so benehmen wie er das tut.

01:33:53:19 - 01:34:10:05

Michael Nikbakhsh

Also "Kurz - Der Film" von Sascha Köllnreitner würde einem politischen Comeback jedenfalls nicht im Wege stehen. Aber in letzter Konsequenz deiner ja auch nicht. Also das Gemengengelage sorgt ja dafür, dass sie letztlich sogar beide Filme politisch nützen könnten.

01:34:10:07 - 01:34:18:11

Kurt Langbein

Ja, wenn das so ist, dann wäre meiner nicht wirklich gelungen. Das müsste ich dann auch zur Kenntnis nehmen.

01:34:18:13 - 01:34:21:16

Michael Nikbakhsh

Lieber Kurt, danke für das Gespräch.

01:34:21:18 - 01:34:24:06

Kurt Langbein

Ich danke.