Die Dunkelkammer – Der Investigativ-Podcast

#7 Sebastian Kurz: Ein Dinner mit Dichands, ein Projekt mit Benko

Episode Summary

In der 7. Ausgabe der Dunkelkammer beschäftige ich mich mit einem Dinner im Mai 2017, das Sebastian Kurz mit Eva und Christoph Dichand an einen Tisch brachte. Eingefädelt hatte das Treffen Thomas Schmid. An diesem Abend sollen die Grundlagen für die wechselseitige Abhängigkeit geschaffen worden sein. Und: Was macht Sebastian Kurz jetzt eigentlich beruflich? Eine Recherche mit dem "Standard" führt zu René Benko und zu einem Projekt in Abu Dhabi.

Episode Notes

1. Ein Dinner mit Folgen.  

Welche Rolle spielt ein privates Abendessen im Jahr 2017 in der Inseratenaffäre rund um die Dichands? Die Verleger Eva und Christoph Dichand stehen im Verdacht, krumme Anzeigengeschäfte mit dem ÖVP-regierten Finanzministerium gemacht zu haben. 

Der frühere Generalsekretär des Finanzministeriums Thomas Schmid hat die beiden Verleger belastet und dazu auch einmal mehr Sebastian Kurz. 

Sebastian Kurz soll gerade im Wahljahr 2017 davon profitiert haben, dass das Finanzministerium in der Kronen Zeitung, in Heute - aber auch in der Österreich-Mediengruppe der Gebrüder Fellner – massiv inserierte, um so „Goodwill“ zu erzeugen – also positive Berichterstattung für Sebastian Kurz und dessen politische Ziele. 

Daneben soll Thomas Schmid seine Stellung als Generalsekretär des Finanzministeriums auch dazu verwendet haben, um im Sinne von Eva Dichand und anderen vermögenden Menschen das Privatstiftungsrecht aufzuweichen (wozu es dann aber nicht kommen sollte). 

Die von Thomas Schmid belasteten Beteiligten bestreiten das allesamt – Tenor: Thomas Schmid lügt. 

Die WKStA hat in der Causa Dichand jedenfalls einen umfangreichen Auswertungsbericht gemacht, mit Beilagen hat der fast 1100 Seiten. 

Über den Inhalt wurde mittlerweile einiges berichtet, abseits der vieldiskutierten neuen Chats hat mich aber die Frage beschäftigt, wie Sebastian Kurz und die Dichands überhaupt zueinander gefunden haben könnten. 

Tatsächlich gibt es da ein Schlüsselereignis und zwar ein Abendessen am 22. Mai 2017. 

Auf Vermittlung von Thomas Schmid trafen an diesem Abend Eva und Christoph Dichand auf Sebastian Kurz. 

Keine zwei Wochen davor war Reinhold Mitterlehner als ÖVP-Chef zurückgetretenen, Sebastian Kurz war als neuer Parteiobmann designiert worden. 

Mitterlehners Demontage war bekanntlich der erste Schritt eines politischen Drehbuchs, das als Projekt Ballhausplatz bekannt geworden ist. 

Der zweite Schritt war damals die Kanzlerschaft – und um dahin zu kommen, brauchte es auch das Wohlwollen des Boulevards. 

Das war zumindest das erklärte Ziel von Thomas Schmid.

Thomas Schmid in einer Einvernahme über die Situation im Frühjahr 2017: 

Sebastian Kurz war damals ein bisschen der aufstrebende "Mann der Stunde" und es war schon absehbar, dass er in Zukunft eine relevante Rolle in der Politik spielen wird. 

Vor allem Eva Dichand suchte deswegen auch die Nähe zu Kurz und signalisierte bei diversen Gesprächen, dass sie von Kurz positiv angetan sei und auch bereit wäre, diese ihre Sicht der Dinge in ihrer Tageszeitung zum Ausdruck zu bringen und ihn diesbezüglich in seinem politischen Aufwärtsstreben zu unterstützen. 

Ich habe, um ihren Wünschen zu entsprechen, mehrere Termine zum Thema Stiftungen im Finanzministerium organisiert und ihr regelmäßig darüber berichtet, um so zu signalisieren, dass ich mich der Sache schon angenommen habe. 

Ich habe ebenso auch Sebastian Kurz informiert, dass das einer der relevanten Wünsche von Eva und Christoph Dichand ist und ich mich um dieses Thema kümmere, um den auch von Sebastian Kurz gewünschten medialen Goodwill zu fördern. 

Ich verweise etwa auf eine Nachricht vom 12. Mai 2017, in der ich Sebastian Kurz berichtet habe, eine Stiftungsoffensive mit den Eigentümern im BMF gestartet zu haben. 

ln derselben Nachricht habe ich ihn auch darüber informiert, dass ich Termine mit den Geschäftsführern der KRONEN ZEITUNG, der Tageszeitung HEUTE und auch mit Helmuth Fellner von Österreich vereinbart habe.

Es war mir und auch Sebastian Kurz bewusst, dass Inseratenschaltungen ein ganz wesentlicher Wunsch von allen Herausgebern dieser großen Tageszeitungen sind. 

Am 22. Mai 2017 gab es dann besagtes Abendessen in Wien. 

Und dazu sagte Thomas Schmid Folgendes aus. 

Das Treffen am 22. Mai 2017 war im privaten Rahmen veranstaltet, um in lockerer Atmosphäre ein tiefer gehendes persönliches Kennenlernen zwischen dem Ehepaar Dichand und Sebastian Kurz und mir als Vermittler zu erleichtern. 

Ich stand ja nicht im Vordergrund, weil ich ja schon guten Kontakt zu beiden hatte, 

sondern es ging insbesondere darum, auch Sebastian Kurz mit den Dichands im privaten Rahmen zusammenzuführen und ihm als sympathischem und politisch aufstrebendem jungen Mann eine Möglichkeit zu geben, sich positiv zu präsentieren. 

Meiner Erinnerung nach wussten auch die engsten Berater von Sebastian Kurz, insbesondere Stefan Steiner und Gerald Fleischmann über dieses Treffen und auch meine vorherigen Veranlassungen bezüglich der Inseratenschaltungen Bescheid. 

Besonders Fleischmann war dieses Thema ein sehr sehr wichtiges, weil er sich immer wieder auch danach erkundigte und er wusste, dass es eine positive Berichterstattung jedenfalls wesentlich fördert, wenn einzelne Ministerien Inserate bei den relevanten, großen Medienhäusern schalten.“

Die WKStA geht davon aus, dass an diesem Abend quasi die Grundlagen für die wechselseitige Abhängigkeit geschaffen wurden. 

Der Redaktionsrat der Kronen Zeitung hat zwischenzeitlich eine Stellungnahme veröffentlicht, in der er sich von jeder Form der Vereinnahmung distanziert: 

Wir wehren uns ausdrücklich gegen diese Anschuldigungen und die Vorwürfe der politischen Einflussnahme auf die 'Kronen Zeitung'. Die Redakteurinnen und Redakteure der 'Kronen Zeitung' nehmen ihre Arbeit nach den Grundsätzen der journalistischen Freiheit und Ethik stets wahr.

Eine ähnlich lautende Stellungnahme hat es auch seitens des Heute-Chefredakteurs Christian Nusser gegeben. 

Welche Erinnerungen hat Eva Dichand an das Dinner im Mai 2017? 

Eva Dichand lässt über ihren Medienanwalt Michael Rami ausrichten, dass Sie sich inhaltlich nicht zum Ermittlungsakt äußern werde. Sie hat Schmids Aussagen öffentlich bereits wiederholt als Falsch bezeichnet. 

Und was sagt zum  Sebastian Kurz dazu? Nichts.

Eine entsprechende Anfrage an sein Büro blieb unbeantwortet. 

2. Was macht Sebastian Kurz nun eigentlich beruflich? 

Eine Recherche mit Fabian Schmid vom "Standard" führt in die Vereinigten Arabischen Emirate– und zu René Benko. Laut der gemeinsamen Recherche hatte Benko im Herbst vergangenen Jahres in Abu Dhabi nach Investoren Ausschau gehalten und beim Staatsfonds Mubadala angeklopft.

Sebastian Kurz soll dabei als Benkos Geschäftspartner in Erscheinung getreten sein. 

Konkret soll Benko Ende 2022 Verhandlungen mit Mubadala angestoßen haben, mit dem Ziel eines möglichen Investments des milliardenschweren Staatsfonds aus den Emiraten in eine der Signa-Firmen und zwar in die Signa Sports United. 

Die Signa Sports ist die Dachgesellschaft einer Gruppe von Online-Sportartikelhändlern, sie hat ihren Sitz in Berlin, und notiert seit Ende 2021 auch an der New York Stock Exchange 

Der Fonds aus Abu Dhabi war viele Jahre lang neben der Staatsholding ÖIAG – sie heißt jetzt ÖBAG – ein zentraler Aktionär der OMV. Bis Ende 2022 hatte Mubadala 24,9 Prozent der OMV kontrolliert, dann wanderte das Aktienpaket an eine andere Staatsfirma in Abu Dhabi namens Adnoc, das ist die Abu Dhabi National Oil Company. 

Was sagt  Sebastian Kurz zu dem Mubadala-Projekt? Auf Anfrage antwortete der Sprecher von Sebastian Kurz Folgendes: 

Wie öffentlich bereits bekannt, liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit von Sebastian Kurz im Nahen Osten. 

Es gibt dabei unterschiedliche Projekte und Transaktionen, die begleitet werden. 

Wir bitten um Verständnis, dass wir zu einzelnen Projekten grundsätzlich keine Detailinformationen kommunizieren.

Und was sagt René Benko dazu? Nichts. Eine Anfrage an Signa blieb unbeantwortet.