Die Dunkelkammer – Der Investigativ-Podcast

#24 Die Strabag und Putins Teilchenbeschleuniger / Kika-Leiner und die Detektive

Episode Summary

Seit bald einhalb Jahren führt Russland Krieg gegen die Ukraine. Das hält österreichische Unternehmen nicht davon ab, in Russland weiterhin Geschäften nachzugehen. Am Beispiel Strabag. Seit 2015 realisiert Österreichs größter Baukonzern in der Nähe von Moskau ein High-Tech-Projekte des Kreml: den Teilchenbeschleuniger NICA / Der Fall Kika Leiner: Eine gemeinsame Recherche mit dem Standard beleuchtet Vorgänge kurz vor der Insolvenz am 12. Juni. Es geht um die Beauftragung und Bezahluzng einer Sicherheitsfirma, die nicht gefunden werden will.

Episode Notes

I. Putins Teilchenbeschleuniger. 

In Dubna nördlich von Moskau wird seit Jahren an einem großen Forschungskomplex gebaut.

Das Projekt heißt NICA und hinter dieser Abkürzung steht ein Teilchenbeschleuniger, also eine ringförmige Anlage, in der die Eigenschaften von Elementarteilchen erforscht werden.

Wir reden also von High-Tech-Wissenschaft für eine nunmehr kriegsführende Nation und das mit kräftiger österreichischer Beteiligung.

Denn der Generalunternehmer des Millionenprojekts in Dubna ist seit 2015 der österreichische Baukonzern Strabag.

Im Zuge dieser Recherche wurden der Strabag folgende Fragen übermittelt: 

1) Ist der Dubna-Komplex mittlerweile fertiggestellt bzw. hat die Strabag ihren vertraglichen Teil der Arbeit erfüllt?

2) Wenn ja, wann wurde das Bauwerk übergeben?

3) Wenn nein: Wann ist das geplant?

4) Wie hoch wird das Auftragsvolumen schlussendlich sein (oder liegt bereits eine Schlussrechnung vor)?

5) Was genau hat die Strabag in Dubna errichtet?

6) Wurde Ihrer Kenntnis zufolge nach Kriegsbeginn in der Ukraine sanktionierte Technologie nach Dubna geliefert, um die Fertigstellung ungeachtet der Sanktionen voranzutreiben?

7) Welche Projekte verfolgt die Strabag in Russland aktuell noch?

8) Was wird aus dem Russland-Geschäft der Strabag insgesamt?

Die Antwort der Strabag-Pressestelle: 

STRABAG errichtet im Auftrag des Internationalen Kernforschungsinstituts JINR, das sich aus internationalen Mitgliedsstaaten zusammensetzt, darunter auch etwa Deutschland und Italien, einen Schwerionen-Beschleuniger in der Stadt Dubna. Zum Auftrag von STRABAG zählen die Erstellung des Colliderrings sowie von Verwaltungs- und Labortrakten. Der Bauauftrag konnte bislang noch nicht abgeschlossen werden, was im Wesentlichen darauf zurückzuführen ist, dass Komponenten aufgrund der Sanktionen nicht geliefert werden konnten. Da der STRABAG-Vorstand im März 2022 beschlossen hat, das Russland-Geschäft (aktuell 0,3 % der Konzernleistung) vollständig abzuwickeln, laufen mit dem Auftraggeber Verhandlungen, sodass sich STRABAG per Jahresende endgültig von dieser Baustelle zurückziehen kann. Aus Sicherheits- und Gewährleistungsgründen muss eine korrekte Übergabe/Abwicklung der Baustelle sichergestellt sein. Gleiches gilt für 3 Projekte im Rahmen einer Quartiersentwicklung in Moskau, wo STRABAG ebenfalls mit dem privaten Auftraggeber den Ausstieg aus dem Projekt per Jahresende plant. Wir bitten um Verständnis, dass wir Details zu Auftragssummen und Schlussrechnungen nicht ohne Zustimmung des Auftraggebers bekannt geben dürfen.

II. Kika-Leiner und die Detektive

Bitte halten sie Bargeld bereit, es kommen demnächst Leute einer Sicherheitsfirma vorbei, um Beträge für Objektschutz und Streifendienst zu kassieren.

So steht es in einem E-Mail, das Fabian Schmid vom Standard und mir zugespielt wurde.

Da geht es um einen Vorgang unmittelbar bevor Kika-Leiner am 12. Juni Insolvenz anmelden musste. 

In einem E-Mail aus dem Büro des neuen Eigentümers Hermann Wieser wurden die Geschäftsleitungen der 40 Möbelhäuser angewiesen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einer Sicherheitsfirma jeweils insgesamt 2280 Euro in bar auszuhändigen - für Objektschutz und Streifendienste.

In Summe gings da also um rund 80.000 Euro.

Allein: Die in dem E-Mail genannte Sicherheitsfirma mit Adresse auf Zypern existiert nicht. Zumindest nicht unter dem angegebenen Namen. Was wurde da mit wem abgerechnet?